Bolivien und Uruguay

Vom Altiplano Boliviens zur Pampa Uruguays 

- Teil 1 von Buenos Aires bis Sucre -



Prolog


Bolivien – wie lange wollte ich in dieses Land reisen; sicherlich war es schon seit mehr als einem Jahrzehnt eines meiner Reisesehnsuchtsländer. Ein paar Jahre zuvor stand ich bereits kurz vor einer Buchung. Die Route war komplett ausgearbeitet, dann jedoch musste meine Mitreisende von unserer geplanten Tour zurücktreten, sodass es weitere Jahre dauerte, bis es endlich Realität wurde und ich dieses eine von insgesamt nur zwei Ländern Südamerikas ohne Meeresküste bereisen würde.


Diesmal hatte ich die Reiseroute so ausgearbeitet, dass sie auch mein Mann bewältigen würde können. Kurz bevor ich die Reise final buchen wollte, bekundeten unsere Freunde, mit denen wir zuvor bereits in Südamerika unterwegs waren, ihr Interesse und so verdoppelte sich ganz unerwartet die Anzahl der Reisenden. Einmal mehr waren wir mit getrennten Fahrzeugen unterwegs und buchten zwei Autos mit Fahrern. 


Lange hatte ich über die möglichen Optionen gegrübelt. Der Flughafen von El Alto liegt auf mehr als 4.000 Metern Höhe und die Wahrscheinlichkeit, dass Soroche von da an unser Begleiter auf der Reise sein könnte, ließ mich ein Start in La Paz ganz schnell verwerfen. 


Die für mich sinnvollste Lösung war ein Hinflug nach Santa Cruz de la Sierra, um sich von dort über den Amboró Nationalpark und Samaipata nach Sucre langsam in die Höhe vorzuarbeiten. Nach längerer Recherche jedoch siegte die Vernunft. Die Straßen, die es zu bewältigen gäbe, würden die Reise für meinen Mann unmöglich machen. Einige Jahre später würden sich die Straßenverhältnisse erheblich verbessert haben, auch würden Streckenabschnitte asphaltiert sein, aber das konnte ich seinerzeit nicht wissen. 


Dann kam mir die rettende Idee, um die Reise gemeinsam mit meinem Mann erleben zu können. Die Lösung war der Start im Nordwesten Argentiniens. Einige Jahre zuvor waren wir dort bereits als Selbstfahrer unterwegs und so buchten wir erneut einen Flug nach Buenos Aires sowie einen Inlandsflug nach Salta. Von dort würden wir nach Tilcara fahren und uns langsam akklimatisieren, bevor wir in La Quiaca die Grenze nach Bolivien passieren würden. 


Unsere Freunde würden am Ende unserer Reise durch Bolivien zwei Tage in Santiago de Chile verbringen, während wir für weitere knapp zwei Wochen in ein uns noch unbekanntes Land auf dem südamerikanischen Kontinent reisen würden, Uruguay. Dort würden wir als Selbstfahrer unterwegs sein. Wir hatten uns in mehrerlei Hinsicht zwei sehr unterschiedliche Länder für unsere 4 ½-wöchige Reise ausgesucht.


Tag 1 – Frankfurt – Buenos Aires

Ein wie immer langer Flug nach Ezeiza


Ich weiß nicht, wie oft wir mittlerweile von Frankfurt nach Ezeiza geflogen sind. Es ist aber mit Sicherheit die von uns am meist geflogene Strecke. Leider wird sie dadurch aber nicht kurzweiliger. In der Premium Economy Class der Lufthansa ist sie zwar einigermaßen erträglich, aber die knapp 13 Stunden Flugzeit ziehen sich, bevor wir am nächsten Morgen in Ezeiza, dem internationalen Flughafen der Hauptstadt Argentiniens, landen. 


Tag 2 – Buenos Aires

Langsam ankommen


Die Einreise verläuft wider Erwarten sehr zügig. Da haben wir schon ganz anderes erlebt. Wir bleiben für eine Nacht im Hotel Savoy, wo wir für einen sehr günstigen Preis die vorhergehende Nacht mitgebucht haben und daher bereits früh am Morgen einchecken können.


Da ich kein Foto an diesem Tag gemacht habe, nutze ich ein Bild, das ich im Jahr 2012 gemacht habe, als wir zum Abschluss einer wunderbaren vierwöchigen Reise durch Argentinien ebenfalls im Savoy gewohnt haben.

Wir gehen gemütlich frühstücken, schlafen und schlendern später noch ein wenig durch die umliegenden Straßenzüge.


In der Nacht lässt uns ein nicht enden wollendes Gewitter immer wieder wach werden. 


Tag 3 – Buenos Aires - Salta

Gewitter und ein platter Reifen


Wir wollten die Anreise entzerren und sind daher einen Tag früher als unsere Freunde geflogen. Am innerstädtischen Flughafen Aeroparque Jorge Newberry werden wir uns für den Weiterflug nach Salta treffen. Zumindest ist das der Plan.



Hatten wir am Vortag noch einen unserer ruhigsten Flüge nach Buenos Aires, sieht es einen Tag bzw. Nacht für unsere Freunde ganz anders aus. Ich komme gerade aus der Dusche, als ich von meiner Freundin eine SMS erhalte mit der Nachricht, dass sie gerade in Asuncion gelandet sind. Ich teile meinem Mann erstaunt mit, dass die beiden in Paraguay sind. Kurze Zeit später folgt schon die nächste SMS mit einer Erklärung. Wegen des Unwetters, das in der Nacht mit aller Macht über der Stadt niedergegangen war, wurden beide Flughäfen in Buenos Aires geschlossen. Nun tankt der Kranichflieger in Paraguays Hauptstadt für 45 Minuten auf und will anschließend in 90 Minuten nach Ezeiza fliegen. 


Ein wenig zeitlichen Puffer haben die beiden, aber ob dieser ausreichen wird, um sich nach der Landung ein Taxi zu organisieren und zum innerstädtischen Flughafen zu gelangen?


Wir frühstücken derweil gemütlich und lassen uns zum Flughafen bringen. Dort lesen wir auf der Anzeigetafel, dass unser Flug mit der LATAM mehr als eine Stunde Verspätung haben wird. Normalerweise ist eine solche Nachricht kein Quell der Freude, heute jedoch schon. 


SMS gehen hin und her. Wir erfahren, dass bei der Einreise ein einziges Chaos vorherrscht. Die Transportunternehmen sind völlig überlastet, Wartezeiten von einer Stunde und mehr sind normal. Nichtsdestotrotz schaffen es die beiden, sich ein Taxi zu organisieren, das sie in Windeseile zu uns bringen soll. 


Als dann noch die Nachricht auf meinem Handy aufleuchtet, dass das Taxi einen Platten mitten auf der Autobahn hat, können wir es kaum glauben. Wer schon einmal diese Strecke in Buenos Aires zurückgelegt hat, kann sich sicher vorstellen, dass dies nicht unbedingt ein Ort ist, an dem man am Straßenrand einen Reifen wechseln möchte. Zu zweit, in einer argentinisch-deutschen Kooperation, gelingt dieser dann aber sehr zügig. Sprichwörtlich auf die allerletzte Minute schaffen es die beiden und erreichen den Flug nach Salta. Rückblickend gesehen können wir über diese Situation herzlich lachen, aber währenddessen war uns weniger danach.


Im Hotel in Salta angekommen erhalten wir ein Upgrade in eine Suite, während unsere Freunde im moderneren Teil untergebracht sind. Uns gefällt es im Design Suites recht gut, auch wenn wir durch die nicht richtig schließende Balkontür recht viel vom Straßenlärm mitbekommen. 


Endlich sind wir angekommen.


Tag 4 – Salta - Tilcara

Farbenwelt im UNESCO Welterbe


Zum vereinbarten Zeitpunkt fahren morgens zwei VW Amarok Pickups vor. Wir werden heute bis Tilcara fahren, das in der farbenprächtigen Quebrada de Humahuaca liegt. Waren wir vor sieben Jahren hier bereits auf einer Reise unterwegs und wählten damals Purmamarca als Übernachtungsort, entschieden wir uns diesmal für das auf 2.460 Metern Höhe gelegene Tilcara, um uns langsam zu akklimatisieren.


Hocherfreut bin ich, dass unser Fahrer ein ausgezeichnetes Englisch spricht und sich im Nordwesten Argentiniens sehr gut auskennt. Sofort wird er von mir zur Puna Salteña und der Puna Catamarca gelöchert. Ich hatte bei der damaligen Reise das erste Mal von dieser noch sehr unbekannten Region gehört und sie lässt mich seitdem nicht mehr los. Unbedingt will ich diese Region mit eigenen Augen sehen und so sauge ich alle spärlichen Informationen auf, die ich darüber in Erfahrung bringen kann.


Nach einiger Zeit erklimmen wir kaum merklich Höhenmeter um Höhenmeter, die Landschaft um uns herum wird karger, aber auch farbenprächtiger – genau so, wie ich es liebe. Die Straße ist wenig befahren, noch ist diese Gegend von großen Touristenmassen verschont geblieben.

Der Friedhof des Ortes Maimará liegt mit seinen für das Hochland typischen kleinen Grabhäuschen pittoresk vor einer der vielfarbigen Felswände, die hier den so passenden Namen Paleta del Pintor trägt. Obwohl ich schon einmal hier stand und Fotos machte, bin ich erneut von diesem Anblick entzückt.

Nachmittags erreichen wir Tilcara, wo wir die nächsten drei Nächte bleiben werden.


Tag 5 – Tilcara

Ein beschaulicher Ort


Nach einem gemütlichen Frühstück gehen wir ins Zentrum von Tilcara. Der Nordwesten Argentiniens gehört zu den ärmsten Regionen des Landes. Die Straßen sind blitzeblank sauber in diesem verschlafenen Ort. Einige Souvenirstände zeugen davon, dass die Ausflugsbusse von Salta auf ihrer Reise durch die Quebrada de Humahuaca in Tilcara einen Stopp einlegen.


Das Licht in dieser Höhe und dieser Trockenheit hat für mich einen ganz besonderen Zauber. Es ist nicht gleißend, aber alles ist regelrecht lichtdurchflutet in einer Art und Weise, die mir schwer fällt zu beschreiben; etwas, das mich immer wieder in dieser Ecke der Erde begeistert. 


Während wir durch den etwas mehr als 5.000-Seelen-Ort schlendern, begegnen uns Schulkinder. Unter ihren Jacken ragen die weißen Schulkittel hervor.


Der kleine Ort kann sage und schreibe gleich mit vier Museen aufwarten. 


Wir entscheiden uns, dem Museo Arqueológico Dr. Eduardo Casanova einen Besuch abzustatten. Im Innenhof des schönen historischen Gebäudes sind Menhire ausgestellt, während wir uns innen Exponate aus präkolumbianischer Zeit anschauen können. Die Ausstellungsstücke, Materialien und manchmal auch Repliken beziehen sich auf zahlreiche Kulturen dieser Gegend, wie aus dem Andenhochland von Jujuy, aber auch darüber hinaus bis hin nach Tiahuanaco in Bolivien, den Chimú in Peru und der Diaguita Kultur von der nördlichen Küste Chiles. 


Alles in diesem kleinen Museum ist liebevoll aufbereitet. Da tragen wir mit unserem Eintritt gerne zum Unterhalt bei. 


Mich überkommt eine starke Müdigkeit und im Laufe des Nachmittags meldet sich mein Magen. Ich muss etwas Falsches gegessen haben. 


Tag 6 – Tilcara

Ein unfreiwilliger Tag im Hotel


Leider habe ich die Nacht mehr im Bad als im Bett verbracht. Zumindest ist mir nicht übel und ich hoffe, dass sich das Mittelchen aus unserer umfangreichen Reiseapotheke schnell positiv bemerkbar machen wird. Da ich mich während des Tages in der Nähe unseres Zimmers aufhalten muss, entfällt die für heute geplante Tour zur Pucará und der Garganta del Diablo, die unsere Freunde alleine unternehmen. 


Wäre ich nicht schon einmal in dieser Gegend gewesen, würde ich mich sehr ärgern. Ich tröste mich damit, dass ich mich besser jetzt mit dieser Unannehmlichkeit befassen muss als später auf der Reise durch Bolivien und so genießen wir den Tag in unserem sehr schönen Hotel Boutique Las Marias, bevor wir morgen die Grenze nach Bolivien passieren werden.


Wir haben die Suite gebucht und fühlen uns in diesem Haus rundum wohl. 


Tag 7 – Tilcara - Tupiza

¡Hasta la próxima Argentina!

¡Bienvenidos a Bolivia!


Pünktlich werden wir um 09:00 Uhr von unseren argentinischen Fahren abgeholt, die uns bis zur Grenze bringen werden. 


Während der Fahrt sehen wir unzählige Lamas. Kann ich Guanakos und Vicuñas unterscheiden, fällt es mir bei Lamas und Alpakas regelmäßig schwer. Ich erfahre von unserem freundlichen Fahrer, dass es in dieser Region keine Alpakas gibt, so kann ich nun getrost von Lamas schreiben. 


Vorbei an der ummauerten Kirche in Uquía mit dem separat stehenden Glockenturm fahren wir nordwärts. Nur etwas mehr als 500 Einwohner verzeichnet der kleine Ort, die Kirche wurde im Jahr 1691 erbaut und bekannt ist sie vor allem für die Darstellung der Engel, die eine Waffe in der Hand halten. Fotografieren im Innern ist nicht gestattet. Die beiden Fotos der Kirche sind während unserer Reise sieben Jahre zuvor entstanden.

Hinter dem Ort Humahuaca beginnt Neuland für uns. Die nun folgenden Felsformationen und deren Farben, die sich wie eine Kette entlang der Strecke aneinanderreihen, sind sehenswert und als einer der Altiplano Friedhöfe ins Sichtfeld gelangt, bitte ich den Fahrer, einen weiteren Stopp einzulegen.

La Quiaca liegt auf etwa 3.500 Metern Höhe. Wäre hier nicht der Grenzübergang nach Bolivien, wüsste ich nicht, was einen in diesen Ort verschlagen könnte. Wir werden mit einem Schild begrüßt, das uns die Entfernungsangabe zu Ushuaia anzeigt. 5.121 Kilometer müssten wir nun zurücklegen, um das Foto von „Ushuaia – Fin del Mundo“, das wir vor knapp vier Jahren aufgenommen haben, zu erreichen.

Leider müssen wir ein wenig warten, die Grenze ist zur Mittagspause geschlossen. Neben den einheimischen Händlern sind wir dann die einzigen Gringos, die die Grenze passieren. Die Aus- und Einreise verläuft ein wenig chaotisch, es wird gedrängelt, wir werden „überholt“, aber dennoch alles in allem vollziehen wir den Länderwechsel problemlos und setzen um 14:00 Uhr unsere Füße auf bolivianischen Boden. 

In Villazón, dem bolivianischen Gegenstück zu La Quiaca, suchen wir eine Weile, bis wir unsere Begleitung für die nächsten Tage finden. M. begrüßt uns herzlich und wir finden sie sofort sympathisch. Nicht ganz so sympathisch finden wir das Gefährt, das uns nach Tupiza bringen soll; wenigstens haben wir und unser Gepäck ausreichend Platz. Die Klimaanlage funktioniert nicht, der Tacho ebenso wenig. Dass sich die Bremsen nicht mehr im allerbesten Zustand befinden, können wir hautnah bei einem Stopp zur Kenntnis nehmen. Zur Sicherung des Vehikels reicht auch ein Stein, der kurzerhand vor den Reifen gelegt wird. ¡Bienvenidos a Bolivia!

In Suipacha halten wir für einen kurzen Rundgang. Die Kirche ist verschlossen und wir erfahren, dass dies bei fast allen Kirchen des Landes der Fall. Zu groß sei die Gefahr, dass etwas abhanden kommt. 

Butch Cassidy und Sundance Kid sollen sich eine Weile in der Gegend rund um Tupiza versteckt haben. Ob sie diese Gegend wählten, weil sie einen gewissen Wild-West-Charme versprüht? Ich weiß es nicht, aber tatsächlich gefällt mir sehr gut, was ich hier sehe. Wir halten an einem Aussichtspunkt, von dem man auf eine Brücke der Zugstrecke schaut, die von Uyuni via Tupiza bis nach Villazón führt. Genau diesen Blick kenne ich von einer der Sendungen Eisenbahnromantik, die mehrere Bahnstrecken Boliviens vorstellt. 

Kurz vor Tupiza sehen wir dann das erste Tuk Tuk. Diese Tuk Tuks verkehren seit vier Jahren in Tupiza und bisher (noch) in keinem weiteren Ort des Landes. 

In Tupiza werden wir für die nächsten beiden Nächte im Hotel Mitru wohnen.


Tag 8 – Tupiza

Tu(k) Tu(ks) in Tu(piza)


Ich kann nicht sagen, dass ich unser gestriges Vehikel, das in punkto Sicherheit besondere Maßstäbe setzte, vermisse. Es war ein einmaliges Gastspiel und diente lediglich dazu, uns von der Grenze nach Tupiza zu bringen. 



Das Besondere an Tupiza ist seine Umgebung und möglicherweise auch, dass diese Ecke Boliviens alles andere als von Touristen überrannt ist. Bizarre Felslandschaften und Schluchten, nicht selten in Rot gehalten, prägen die Landschaft. Manche Felsformationen erinnern mich unwillkürlich an die beiden geologisch „verwandten“ Nationalparks Parque Nacional Talampaya und Parque Nacional Sierra de las Quijadas. Viele Felsformationen in dieser Gegend weisen von Farbe und Struktur für mich eine große Ähnlichkeit auf. 


In dieser Felslandschaft findet man das Puerto del Diablo. Gleich zwei eigentümlich in der Landschaft platzierte Felsen tragen den Namen Teufelstor. 


La Poronga mit seiner Felsnadel und dem daneben stehenden breiteren Felsen von 50 Metern Höhe und der Cañon Delinca sind ebensolche Anziehungspunkte für die spärliche Zahl an Touristen, die hier unterwegs ist.

Tupiza hat ca. 27.000 Einwohner und liegt auf 2.964 Metern Höhe. Die Recherche nach einer Bleibe für zwei Nächte hat mich ziemlich schnell zum Hotel Mitru geführt. Wir buchten die beste Zimmerkategorie, die mit einem kleinen Vorraum aus Kaktusmöbeln aufwarten kann. Das Hotel ist sehr sauber, aber doch eher einfach. Die Familie, die das Hotel führt, und die Angestellten sind sehr freundlich. 


Ungewöhnlich ist, dass wir mittags in ihrem privaten Bereich bekocht werden. Es gibt das gleiche Essen, das die Familie zu sich nimmt, eine Suppe als Vorspeise, gefolgt von Hühnchen, Kartoffeln und Gemüse. Es klingt so einfach, aber es ist dermaßen köstlich, die Nahrungsmittel schmecken so rein, so gut. Ein Geschmackserlebnis, das mich an die Küche meiner Oma in meiner Kindheit denken lässt. 


Nachmittags schauen wir uns Tupiza auf einem Spaziergang an. Die Stadt verfügt trotz der Höhe und der Trockenheit über ein angenehmes Klima. Die allgegenwärtigen Tuk Tuks tragen ihre Nummern in großen Lettern auf ihrer zumeist blauen Seite. Es hält sie und andere nicht davon ab, dort zu parken, wo es ausdrücklich nicht gestattet ist. 


In einem kleinen Laden kaufen wir Malbücher und Buntstifte. Sicher werden wir auf der Reise Gelegenheit haben, dem einen oder anderen Kind damit eine Freude zu bereiten und auch der Verkäufer freut sich über den Umsatz. Bolivien gilt als das ärmste Land auf dem südamerikanischen Kontinent und obwohl wir noch nicht lange im Land sind, haben wir den Unterschied zu den beiden südlich gelegenen Nachbarn sehr schnell bemerkt.


Tag 9 – Tupiza - Uyuni

Die Entdeckung EINES endemischen Kaktus


Bis 18:00 Uhr haben wir heute Zeit, uns ein weiteres Mal die Gegend rund um Tupiza anzusehen. Gegen einen sehr geringen Aufpreis haben wir das Zimmer bereits bei der Buchung verlängert. Mein Mann muss leider aufgrund der Straßenverhältnisse in Tupiza bleiben, während wir drei auf Tour gehen. 


Wir erfahren, dass wir einige der Streckenabschnitte fahren, auf denen die Dakar 2017 stattgefunden hat. Glücklicherweise müssen wir nicht durch diese faszinierende Gegend rasen und können – sicherlich im Gegensatz zu den Teilnehmenden der Dakar – uns ausgiebig Zeit für Besichtigungen nehmen.


Einige Schluchten, die sich entlang und in der Nähe des Río San Juan de Oro befinden, schauen wir uns an. Diese tragen Namen wie Quebrada Seca oder Quebrada Palala. Im Cañon Duende gibt es eine Engstelle zwischen zwei Felsen, durch die unser Fahrzeug gerade so durchpasst. Natürlich muss dies als Fotomotiv herhalten. Staub ist allgegenwärtig in dieser wunderbaren Felsenwelt, die mit ihren oftmals Rot- und Brauntönen, gespickt mit Kakteen, möglicherweise nicht nur mich, sondern auch Butch Cassidy und Sundance Kid an ihre Heimat erinnert haben mag. Gut, dass sie nicht mehr hier weilen, wird ihnen doch nachgesagt, sie wären alles andere als abgeneigt gewesen, den einen oder anderen Zug zu überfallen. So müssen wir uns später am Abend darüber keine Sorgen machen.


Als Abschluss der Tour fahren wir zum Aussichtspunkt El Sillar, der sich knapp unterhalb der 4.000 Höhenmeter befindet. Unter uns tut sich der Wald aus Stein, der Bosque de Piedra, auf. 

In keinem Reiseführer wurde jedoch der endemische Kaktus erwähnt, den wir hier – dank etwas Nachhilfe von M. – entdecken. Schon bei unserer Abfahrt war er dann auch wieder auf wundersame Weise verschwunden

Die Piste zwischen Tupiza und Uyuni soll sich in einem mehr als erbärmlichen Zustand befinden. In naher Zukunft ist geplant, diese mit einer Asphaltdecke zu beglücken. Wir werden diesen Abschnitt mit dem Zug zurücklegen. Da diese Verbindung nur wenige Tage in der Woche von Zügen der Ferrocarril Occidental bedient wird, musste ich unter anderem unsere Route entsprechend des Fahrplanes ausarbeiten, immer in der Hoffnung, dass sich nicht noch die bolivianische FCA eine Änderung einfallen lassen würde. Zu unserer Freude blieb sie bei ihrem Fahrplan.


Gegen 18:00 Uhr werden wir zum Bahnhof von Tupiza gebracht. Hatten wir bereits während unserer heutigen Tour keine weiteren Touristen gesehen, so ist es auch am Bahnhof nicht anders. 

Dann rollt auch schon der Expreso del Sur ein. Wir haben die 1. Klasse gebucht. An beiden Seiten des Wagons sorgen Ventilatoren für Luftwirbel. Für Unterhaltung hängt ein Bildschirm an der Wand, über den zwei spanischsprachige Filme mit spanischsprachigen Untertiteln flimmern. Beim ersten handelt es sich um die Neuerscheinung „Ein Sack voll Murmeln“. Leider ist die Fahrtzeit so ungünstig, dass wir die gesamte Strecke, die sicherlich hochinteressant ist, im Dunkeln fahren. Im Minenort Atocha legen wir einen Stopp ein, alles hier wirkt so trostlos und die Temperaturen sind gefallen. Es ist kalt, sehr kalt. Fast sechs Stunden dauert die Fahrt bis Uyuni und dennoch sind wir um ein Vielfaches schneller im Vergleich zur Variante mit dem Auto. 


Als wir in Uyuni aussteigen, merken wir sofort, dass der Sauerstoffanteil ein weiteres Mal im Vergleich zu Tupiza gesunken ist, aber nicht nur dieser, auch die Temperaturen sind merklich gefallen. 


Hinter einer unscheinbaren Tür verbirgt sich unsere süße Unterkunft mit nur vier Zimmern. Den Namen La Petite Porte hätte man nicht passender wählen können. 


Todmüde fallen wir ins Bett und freuen uns auf den morgigen Tag. Wir fahren zum größten Salzsee unserer Erde, dem Salar de Uyuni.


Tag 10 – Uyuni – Salar de Uyuni

Farbenwechsel: Aus Rot wird Weiß


Die Nacht war kurz, aber das Aufstehen fällt in Anbetracht des heutigen Zieles leicht. Im lichtdurchfluteten Innenhof des zauberhaften La Petite Porte frühstücken wir, bevor zwei Toyota Landcruiser vorfahren, die uns vier heute über den Salar de Uyuni fahren werden.


Unser erster Stopp gilt dem Ort Colchani, 22 Kilometer nördlich von Uyuni gelegen. Colchani ist das Eingangstor zum Salar. Entlang der Hauptstraße des kleinen Ortes bieten Händler ihre Waren für Touristen an. Hier steht auch der mobile Verkaufswagen einer Frau, deren kleines Kind, ein Mädchen, daneben sitzt.


Ich spreche die Frau und die Kleine an. So erfahre ich ihren Namen und dass sie drei Jahre alt ist. Sie sitzt hier den ganzen Tag, während ihre Mutter Geld verdient. Es muss furchtbar langweilig für das Kind sein. Wir schenken ihr ein Malbuch und ein Set Buntstifte. Die Mutter freut sich so sehr und die Kleine weiß tatsächlich nicht, was sie da in der Hand hält. Später werden wir sehen, wie die Mutter ihr gezeigt haben muss, was sie damit machen kann und so sitzt die Kleine nun auf ihrem Stein und ist tief versunken in ihrem Malbuch. 


In Colchani wird noch immer das Salz vom Salar per Hand in Tüten verpackt. M. führt uns in ein Haus, wo ein Mann dieser Tätigkeit nachgeht. Wir erfahren, dass nur Familien, die aus dem Ort stammen, auf dem Salar Salz ernten dürfen.

Wie das bolivianische Salz in die Tüten gelangt, wissen wir jetzt, nun sehen wir mit eigenen Augen, woher dieses kommt. Wir fahren auf den Salzsee. Nur einige Monate im Jahr ist der Salar großflächig befahrbar. Während des bolivianischen Winters und der sich anschließenden Wochen steht eine mehrere Zentimeter hohe Wasserschicht auf dem weißen See. 


Wir fahren zu den Ojos, die sich auch zu unserer Reisezeit noch am Rande des Salars halten. Unsere Fahrer wissen genau, wie weit sie fahren können, ohne das Risiko einzugehen, in dieser Wüste aus Salz einzubrechen. Aus diesen Augen sprudelt das Wasser in braunen Farbtönen und rundherum ist das Salz eingefärbt. Farblich erinnert mich diese Region ein wenig an den Salar de Atacama mit seinen Pastelltönen. 

Je mehr wir uns in unseren Landcruisern von den Ojos entfernen, umso weißer wird der Salar. Längst haben die Bolivianer erkannt, welcher monetäre Schatz unter diesem Naturjuwel verborgen liegt. Bolivien gilt als eines der Länder mit den größten Lithiumvorkommen weltweit. 


Wir fahren in den Norden des Salzsees. Diese Region wird bisher noch wenig von Touristen besucht und bald sind wir ganz alleine unterwegs. Es ist eigentlich kaum zu fassen, dass es dennoch immer wieder zu tragischen Verkehrsunfällen auf dem Salar de Uyuni kommt. Wenige Jahre zuvor stießen zwei Touristenfahrzeuge frontal zusammen und es gab viele Todesopfer.


Wir fahren durch eine surreale Welt, aber eine so schöne und absolut beeindruckende. Es ist kaum zu fassen. 90 Kilometer von Colchani entfernt liegt der kleine Weiler Coqueza zu Füßen des 5.435 Meter hohen Vulkans Thunupa. Hier ist es wundervoll, das Weiß des Salars, das Tiefblau des Himmels, das Blau des Wassers am Rand der riesigen Salzfläche, in dem Flamingos nach Fressbarem suchen, das Grün, auf dem Lamas und Esel grasen, bis hin zu den Braun- und Rottönen des Vulkans Thunupa. 


Wir machen einen kleinen Spaziergang durch den sehr ärmlich wirkenden Ort und begegnen keinen weiteren Touristen. Ein kleines Mädchen kommt auf uns zu. Sie ist neugierig und erzählt und erzählt. Auch wenn ich längst nicht alles verstehe, so ist dies eine wundervolle Begegnung für, so hoffe ich, beide Seiten. 

The place to be eat


Vier Kilometer führt uns eine Piste bis zu einem Parkplatz auf 3.982 Höhenmeter. Wer zum Gipfel des aktiven Vulkans möchte, der muss ab hier zu Fuß weiter. Wir gehen nun auch per Pedes mehrere Hundert Meter, bewegen uns aber in etwa gleichbleibender Höhe. Unser Ziel ist eine Höhle, in der sich sieben Mumien befinden. Schätzungen gehen davon aus, dass die Mumien seit etwa 900 Jahren in der Höhle sitzen/liegen sollen. 


Die Aymara bringen in der Mitte des Höhlenraums, der nicht allzu groß ist und lediglich mit äußerst spärlichem Tageslicht aufwarten kann, nach wie vor ihre Opfergaben in Form von Zigaretten, Coca-Blättern und Münzen dar. Später werde ich beim Betrachten der Fotos eine Schlangenhaut, die ziemlich taufrisch ausschaut, im Schoß einer der Mumien entdecken. 

Der Blick von den Hängen des Vulkans Thunupa auf den Salar de Uyuni ist spektakulär, aber auch die Strecke in der dünnen Luft ist sehr schön zu laufen entlang von blühenden Kakteen und Pflanzen, mit denen ich hier gar nicht gerechnet hatte. Auch Apachetas, kleine Türmchen aus Steinen, die wir bereits aus der Atacama kennen, begegnen uns immer wieder. 

Wir fahren hinunter und laufen entlang der Ojos und kleinen Lagunen. Das Farbenspiel ist fantastisch. Je nach Sonneneinfall und – so nehme ich an – je nach Zusammensetzung der Mineralien im Nass schauen wir auf Rot-/Brauntöne, auf Blautöne und bisweilen milchig wirkende Grautöne. Einzig der Thunupa ändert sich nicht mit seinen Spiegelungen. 

In der Zwischenzeit wird das Mittagessen für uns aufgebaut. Wir sind hin und weg von dieser Location auf dem endlosen Weiß unter dem roten Sonnenschirm. Das ist „The place to be eat“.

Haus des Inka


Nach diesem irgendwie doch ein wenig dekadent anmutenden Mahl geht es südwärts über den Salar auf 3.653 Metern Höhe. Das Ziel für den späten Nachmittag ist eine Felseninsel und trägt den Namen Isla Incahuasi, was übersetzt so viel wie Haus des Inka bedeutet. 


Mitten aus dem unwirklichen, endlosen Weiß ragen mehrere dieser Felsinseln empor. Die Isla Incahuasi ist wahrscheinlich die meistbesuchte von allen. Die Geländewagen zu Füßen der Insel können wir bereits aus der Entfernung erspähen, ein krasser Gegensatz zum nördlichen Bereich des Salzsees, von dem wir gerade kommen. Nichtsdestotrotz hat dieser Ort etwas Wundervolles. Auf der Insel stehen unzählige, bis zu 10 Meter hohe Kakteen der Gattung Trichocereus, die pro Jahr maximal 1 cm wachsen. Daher geht man davon aus, dass manche dieser Kakteen bereits 1.000 Jahre alt sein könnten. Über die Insel aus Granit führt ein felsiger Pfad, der mit 40 Minuten Dauer angegeben ist. Wir benötigen natürlich länger, die Aussicht ist ein ums andere Mal atem(be)raubend, dazu trägt das Nachmittagslicht mit den länger werdenden Schatten seinen Teil bei. In der Ferne ragt der Thunupa über das Weiß und die Erdkrümmung ist von hier oben nicht zu übersehen. 


Trotz doch einer beachtlichen Anzahl Touristen, von denen die meisten schnell den Rundweg hinter sich bringen, nachdem ein paar Selfies geknipst wurden, genießen wir jeden Augenblick. 


Die Rückfahrt führt uns an einem ehemaligen Salzhotel vorbei. Dieses wurde vor einiger Zeit geschlossen, da das Abwasser ein Problem mitten auf dem Salar darstellte. Heute zieht es dennoch weiterhin Touristen - wie uns - für einen Fotostopp an. 

Palast aus Salz


Am Rand des Salars gibt es mittlerweile einige wenige weitere Salzhotels. Wir haben ein Zimmer im wohl komfortabelsten gebucht, im Palacio de Sal. Zugegeben hatte ich dennoch keine großen Erwartungen an diese Unterkunft, aber als wir das von außen so unscheinbar wirkende Gebäude betreten, bleibt mir fast die Luft weg und der Grund liegt nicht an der Höhe, auf dem sich der Palast aus Salz befindet. 


Das Hotel ist von Reisegruppen gebucht und so erhalten wir als einzige Individualreisende des heutigen Tages zu unserer großen Freude Upgrades in die beiden einzigen Suiten. Das Abendessen lässt später keine Wünsche offen. Wir sind hellauf begeistert von dieser Unterkunft. 

Morgen werden wir diese unwirkliche Welt verlassen und fahren in die weiße Stadt, nach Sucre, Boliviens Hauptstadt.


Tag 11 – Salar de Uyuni - Sucre

Züge, die nicht mehr fahren … und einmal mehr Butch Cassidy und Sundance Kid


Mit Wehmut verlassen wir den Salar de Uyuni und „unseren“ Salzpalast. Hier hätten wir es definitiv noch eine Nacht länger ausgehalten. Die Wehmut ist jedoch schnell verflogen, sie weicht Ungläubigkeit, als wir vor die Tür treten und das Gefährt sehen, das uns heute nach Sucre bringen soll. Wir hatten zwei Wagen gebucht, aber nur einer steht vor der Tür, in den wir, unsere neue, ebenfalls sehr freundliche Begleitung L. und unser Gepäck nur mit allergrößter Mühe hinein passen. Der Beifahrersitz, auf dem mein Mann Platz genommen hat, lässt sich in keiner Weise verstellen, er sitzt dermaßen unbequem, dass mir schon vom Zusehen ein Kribbeln in die Beine zieht. 


Wir anderen sitzen auf den verbleibenden Plätzen eingequetscht mit angezogenen Beinen, die wir kaum bewegen können. Sieben Stunden reine Fahrtzeit bis zur Hauptstadt Boliviens liegen heute vor uns. 


Nein, so werden wir keinesfalls bis Sucre fahren. Da sind wir uns alle sehr schnell einig. Wir müssen ohnehin noch einen kleinen Stopp in Uyuni bei der Niederlassung der Agentur einlegen, da gestern eine Tasche von unseren Freunden im Wagen vergessen wurde und wir diese abholen müssen. 


Dort angekommen zücke ich unsere Reisebestätigung. Nach mehreren Telefonaten und Diskussionen ist dann auch dem letzten Verantwortlichen klar, ein weiteres Fahrzeug oder zumindest ein größeres Vehikel muss schnellstmöglich her. Während dieses Problem gelöst wird, stapeln wir uns erneut im Wagen und legen eine kurze Strecke zum nächsten Besichtigungspunkt ein. 


Unweit von Uyuni gibt es einen skurrilen Friedhof, den Cementerio de los Trenes. Dieser Eisenbahnfriedhof gilt als der größte seiner Art. Eine fast dreistellige Anzahl an Lokomotiven und Wagen sollen hier ihr Dasein fristen, manche davon waren bereits vor mehr als 100 Jahren im Einsatz. Aufgrund des Klimas sind zahlreiche Exemplare noch recht gut erhalten, zumindest die äußere Hülle, denn vieles, was nicht niet- und nagelfest war, wurde bereits entwendet. 


Der Transport über Schienen war damals ungemein wichtig für Bolivien, um all die Rohstoffe, über die das Land verfügt, zu den Seehäfen im heutigen Norden Chiles zu transportieren. Mit der Aufgabe vieler Minen vor etwa acht Jahrzehnten war aber auch das Schicksal vieler Bahntrassen und der darauf verkehrenden Fahrzeuge mit der ausbleibenden Fracht besiegelt. 

Zurück bei der Agentur stellen wir erfreut fest, dass zwischenzeitlich ein zweites Fahrzeug mit Fahrer für uns bereit steht. So können wir – zwar mit einiger Verzögerung – unsere heutige Fahrtstrecke in Angriff nehmen. Mit einem letzten Blick hinunter zum Salar steuern wir Sucre an. 

Gehört der Cementerio de los Trenes in Uyuni mehr oder weniger zum Pflichtprogramm eines jeden Touristen, der den Salar de Uyuni besucht, verhält es sich mit dem Museo de los Trenes in Pulacayo anders. Hätte ich nicht die Folge Eisenbahnromantik über die Bahnstrecken Boliviens vor einiger Zeit gesehen, wären wir wohl heute unwissend an diesem an der Strecke liegenden Minenort vorbeigefahren. So aber habe ich diesen Ort auf 4.111 Metern Höhe auf unsere Reiseroute gesetzt. Hier stehen weniger Lokomotiven als auf dem Eisenbahnfriedhof von Uyuni, diese sind aber viel besser erhalten. 


Um in den Ort zu kommen, müssen wir zuerst eine Kontrolle passieren. Wir lassen die Autos stehen und recht schnell haben wir das kleine Museo im Freien erreicht. Die hier stehende Lok mit Namen La Unión hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Während einer ihrer Einsätze soll der Zug im Jahr 1908 von Butch Cassidy und Sundance Kid überfallen worden sein. 


Pulacayo wurde am 16.12.1883 gegründet und ist als Patrimonio Cultural Industrial deklariert. Wir laufen weiter in den Ort hinein. Alle Einwohner, die uns begegnen, freuen sich sichtlich über unseren Besuch und grüßen sehr freundlich. In der Nähe des Hauptplatzes kommen wir mit zwei Männern, die als Ingenieure für die Mine arbeiten, ins Gespräch. Wir erfahren, wie selten Touristen sich hierher verirren und als sie hören, dass wir aus Deutschland kommen, beginnt einer von beiden zu schwärmen von den alten deutschen Maschinen, die hier immer noch im Einsatz wären, ebenso von den deutschen Mechanikern, die seien seiner Meinung nach die Besten. Er erzählt uns, dass einige der Häuser im Ort von Deutschen erbaut wurden und im zweiten Weltkrieg drei Piloten hierher desertiert seien. 


Im Ort leben derzeit ca. 1.500 Menschen. Nachdem die Population nach Schließung der Mine von staatlicher Stelle kontinuierlich sank, hat sie über die letzten Jahre wieder zugenommen. Eine Kooperative bewirtschaftet nun die Mine. 


Ich kann mich kaum losreißen von dieser Begegnung und diesem so interessanten Gespräch, bei dem L. immer mal wieder hilft, wenn mein Spanisch nicht ausreicht, aber vor uns liegen noch viele Kilometer, die es heute noch zurückzulegen gilt. Wir machen ein Erinnerungsfoto, bedanken uns und verlassen diesen Ort, der so viel Geschichte mit sich bringt, mir aber einmal mehr das Leben in dieser lebensfeindlichen Höhe in diesem nicht gerade von Reichtum gesegneten Land vor Augen führt. 

Die Strecke nach Sucre sieht etwas anders aus, als ich es von Gegenden in ähnlichen Höhen aus dem Altiplano kenne, dennoch ist sie sehr interessant und versüßt die lange Fahrtzeit. Wir passieren Potosí, hier werden wir im Anschluss unseres Aufenthaltes in Sucre zwei Nächte in der Nähe verbringen, um die Stadt kennenzulernen. 

Wir sind heilfroh, als wir gegen 19:00 Uhr endlich Sucre erreichen, denn die Fahrweise der Bolivianer, insbesondere wegen der äußerst riskanten Überholmanöver, hat uns ein ums andere Mal die Luft anhalten lassen. 


Drei Nächte haben wir im Parador Santa Maria Real gebucht. In unseren Junior Suiten fühlen wir uns sofort wohl. Es gibt eine Dachterrasse, von der man über die weiße Stadt blicken kann. 



„Wer die Abenteuerlichkeit des Reisens ins Blut bekommt, wird diese nicht wieder los.“   - Bruno H. Bürgel