Arg. Chile Teil 2 - Purmamarca bis Cafayate


Argentinien und Chile

Atem(be)raubende Landschaften, ein Auto mit Soroche und Geschichten von Pisco, Torrontés, Quilmes und Submarino

- Teil 2 von Purmamarca bis Cafayate -



Tag 11 - Purmamarca

Vom Höhenrausch zum Farbenrausch im UNESCO Welterbe


Purmamarca liegt am Anfang der farbenprächtigen und indigen geprägten Quebrada de Humahuaca. Die Quebrada ist ein UNESCO Welterbe. Mit einer Höhe von knapp 2.200 Metern befindet sich unser Übernachtungsort etwas niedriger als der letzte in San Pedro de Atacama. 


Wir werden heute getrennt voneinander unterwegs sein, unsere beiden Wagen ermöglichen diese Freiheit. So schlendern mein Mann und ich morgens durch den kleinen Ort, der sich für die Tagesbesucher bereits mit allerlei Auslagen in Form von Waren aus Alpakawolle gerüstet hat. Viele Touristen reisen organisiert in Bussen ab Salta an. Die Kirche des Ortes ist wie so viele im Altiplano in weiß getüncht. 

Nach dem Spaziergang schwingen wir uns ins Auto und fahren die wunderschöne Strecke mit dem zutreffenden Namen Los Colorados um den Cerro de los Siete Colores. Hier zeigt sich die grandiose Farbenwelt, für die die Quebrada de Humahuaca so bekannt ist. Die Strecke führt am Friedhof von Purmamarca vorbei. Zu Anfang können wir einen Blick auf die kleinen Häuschen unser Unterkunft, in der wir uns ausgesprochen wohl fühlen, werfen. Die Strecke vorbei an vielfarbigen Felsen ist wunderschön und bietet beste Voraussetzungen, um einen Western à la Hollywood zu drehen. Mich würde nicht wundern, wenn wir hinter der nächsten Ecke auf Butch Cassidy und Sundance Kid treffen würden. Soweit ich weiß, wohnten sie zwar nicht hier, suchten jedoch nicht allzu weit entfernt im südwestlichen Bolivien eine Zeitlang Unterschlupf.

Das Abendessen nehmen wir dann wieder gemeinsam mit unseren Freunden in einem örtlichen Restaurant zu einem ausgesprochen günstigen Preis ein.


Tag 12 – Purmamarca (Quebrada de Humahuaca)

Farbenrausch über Farbenrausch und kein Ende in Sicht 


Der heutige Tag ist der Quebrada de Humahuaca gewidmet. Wir wollen bis zum namensgebenden Ort der Quebrada, Humahuaca, fahren. Dabei werden wir wieder die 3.000 Höhenmeter knacken. 


Der Glockenturm der weiß getünchten Kirche von Uquía aus dem Jahr 1691 steht separat von dem eigentlichen Kirchengebäude; wie so oft, ist das Areal von einem Mäuerchen umgeben. Ich finde die kleinen Altiplanokirchen mitten in dieser wunderbaren Landschaft pittoresk. Der Ort selbst hat ein paar Hundert Einwohner. Wir sehen lediglich ein kleineres Geschäft mit Auslagen für Touristen, gut positioniert direkt gegenüber der Kirche. Der Altar, der der älteste in dieser Gegend sein soll, hebt sich in seiner Pracht sehr ab vom Rest der einfachen Innenausstattung. Bekannt ist die Kirche vor allem für die Darstellung der Engel, die eine Waffe in der Hand halten. Fotografieren im Innenbereich ist verboten, daher kaufen wir zwei Ansichtskarten und hoffen, so ein wenig zum Erhalt des kleinen Schmuckstückes beizutragen.

Die gesamte, sehr gut ausgebaute Strecke führt vorbei an beidseitig der Straße gelegenen, farbigen Felsen, eine wunderschöne Landschaft, die immer wieder nach Fotostopps verlangt.

In Humahuaca bummeln wir durch den Ort und saugen ein wenig vom Leben in dieser einerseits so farbenprächtigen Welt, andererseits aber der ärmsten Region des Landes, auf. Das Rathaus, die Kirche und das 60 Jahre alte Monumento de Independencia lohnen noch einen Fotostopp. Kurz hinter dem Ort endet die Quebrada, daher ist dies der Wendepunkt unserer Tour und wir treten den Rückweg nach Purmamarca an, noch stehen aber ein paar Sehenswürdigkeiten auf meiner Liste. 

So wie eigentlich die Pukará und das Archäologische Museum in Tilcara, die wir uns anschauen wollen, müssen aber zu unserer Enttäuschung feststellen, dass beides geschlossen hat. Der Grund ist ein Feiertag, der in keiner meiner Reiseführer verzeichnet ist – oder ich habe es übersehen, in diesem Fall wäre es eindeutig ein Versäumnis der Teilzeitreiseleitung. Nun gut, einige Jahre später werden wir in Tilcara zur Höhenanpassung für unsere Bolivienreise wohnen und den Besuch des Museums nachholen. 



Ein Alpakagehege am Straßenrand schreit ebenso förmlich nach einem Fotostopp. 

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Im Ort Maimará bin ich völlig begeistert von der Paleta del Pintor. Es bietet sich uns ein wunderschönes Fotomotiv mit vielfarbigen Gesteinsformationen, die den Ort überragen. Vervollständigt wird das Ganze durch den davor liegenden Friedhof mit seinen für diese Gegend so typischen kleinen Grabhäuschen.

Abends werden die Wagen einem routinemäßigen Check unterzogen. Dabei stellt mein Mann fest, dass bei der Wartung in Calama übermäßig viel Öl eingefüllt wurde, so viel, dass wir dringend Abhilfe schaffen müssen. Unser erster Programmpunkt am morgigen Tag wird daher der Besuch einer Werkstatt sein. Die nächstgelegene befindet sich im knapp 20 Kilometer entfernten und nördlich gelegenen Tilcara. Dieser werden wir wohl oder übel einen Besuch abstatten müssen, bevor unsere Route uns südlich nach Salta führen wird.


Tag 13 – Purmamarca - Salta

Ruß und Rauch am Morgen, ein Hauch von Italien am Abend


Vor dem Werkstattbesuch telefoniere ich sicherheitshalber mit unserer Agentur und schildere das Problem. Wir erhalten das Okay, zur nächsten Werkstatt zu fahren. Als wir unseren Wagen starten, stößt dieser eine gewaltige schwarze Wolke aus dem Auspuff, wir vernebeln regelrecht den Parkplatz und zwei amerikanische Touristinnen, die wartend auf einem angrenzenden Mäuerchen saßen, ergreifen durch den dunklen Nebel schlagartig die Flucht. Eigentlich ist uns bei dieser grotesken Situation nicht zum Lachen, vielleicht ist es Galgenhumor in diesem Moment, es ist aber eine dieser Situationen, die wir immer wieder gerne bei Treffen mit unseren Freunden in unser Gedächtnis zurückholen und wir lachen jedes Mal erneut darüber. 


Bedurfte es der letzten Gewissheit, dass ein Werkstattbesuch mit unserem Vehikel dringend angeraten ist, dies war nun die Bestätigung. Zum Glück ist ein Wochentag, so fahren wir nach Tilcara. In der Werkstatt schildern wir das Problem. Der freundliche argentinische Mechaniker beseitigt kopfschüttelnd selbiges, das in Chile geschaffen wurde. 

Die Fahrt bis kurz vor Salta ist recht ereignislos … bis ganz abrupt die eben noch gut ausgebaute Straße in eine einspurige Schotterpiste mündet. Nur mit Karte und einigen Ausdrucken ausgestattet, kämpfen wir uns durch den Verkehr in Salta, denn wir müssen vom Norden in den Süden. Straßenschilder sind rar, zumeist nicht existent. Zweimal halten wir an und ich frage nach dem Weg. Irgendwann haben wir es geschafft, auch dank des wiederholten Blickes auf die Anzeige im Auto, die mir die Himmelsrichtung verrät. Jahre später mit einem Navi wäre diese Fahrt sicherlich wesentlich einfacher gewesen. 


Noch ein kurzes Stück über eine Piste und dann stehen wir vor unserer Unterkunft, die ich für die nächsten zwei Tage gewählt habe, die Finca Valentina. Wie auch zuvor in Purmamarca klappt alles reibungslos mit unserem Check-in, gebucht hatte ich über eine Ein-Frau-Agentur in Buenos Aires. 


Die Finca Valentina gehört einem italienischen Ehepaar, das vor ein paar Jahren nach Salta gezogen ist. Namensgeberin ist Valentina, die uns herzlich begrüßt. Ihren Mann werden wir nicht kennenlernen. Er sei derzeit unterwegs in der Puna, um Touren auszuarbeiten. So höre ich das erste Mal von der Puna Catamarca, eine Gegend, über die fast nichts in meinen Reiseführern zu finden ist, so abgelegen, so einsam, so extrem und doch so faszinierend. Eine große Sehnsucht, diese Gegend mit eigenen Augen sehen zu wollen, ist damit geweckt.



Die Finca verfügt nur über eine einstellige Anzahl an Zimmern, es ist wunderbar ruhig. Wir genießen unseren Aufenthalt hier sehr. Das Abendessen ist italienisch und einfach nur lecker.


Tag 14 – Salta

Salta, la linda


Salta, so habe ich immer wieder gelesen, sei die schönste Stadt Argentiniens, zudem ist sie mit einem milden Klima auf einer Höhe von 1.200 Metern gesegnet. Wir werden uns heute ein eigenes Urteil bilden, ob die Stadt in unseren Augen zurecht den Beinamen „La Linda“ trägt. 


Da wir die Sicherheitslage nicht einschätzen können, nehmen wir nur eine einfache Knipse mit, so wie wir es bisher bei individuellen Großstadtbesuchen in Südamerika gehandhabt haben. 



Nach einem gemütlichen Frühstück fährt uns gegen 10:00 Uhr ein Angestellter der Finca ins Ortszentrum, wo wir am Convento de San Bernado aussteigen. Das Convento beherbergt nach wie vor Karmeliternonnen und ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Nach einem kurzen Fotostopp schlendern wir Richtung Hauptplatz. In Salta liegen die meisten Sehenswürdigkeiten nah beieinander, sodass wir auch recht schnell die wunderschöne Iglesia San Francisco erreichen. Der mehr als 50 Meter hohe Campanile der Kirche soll der höchste Südamerikas sein. Mir gefällt die farbenfrohe Fassade sehr, sie ist so ganz anders als die meisten Kirchen, die ich bisher gesehen habe. Kein Wunder, dass dieses Gotteshaus immer wieder als Fotomotiv herhalten muss, wenn von Salta die Rede ist.

Um die zentrale Plaza 9 de Julio reihen sich einige Gebäude und die Kathedrale, die sicherlich allesamt nicht einen unwesentlichen Anteil am Beinamen „La Linda“ der Stadt tragen. Auch Feuer, Erdbeben oder der Unabhängigkeitskampf haben die Schönheit des Stadtzentrums nicht zerstören können. 

Direkt an diesem Platz liegt auch das über Salta hinaus bekannte Museum MAAM (Museo de Arqueología de Alta Montaña) und genau das ist unser nächstes Ziel. Dieses Museum wurde gegründet, nachdem im März 1999 auf dem 6.739 Meter hohen Vulkan Llullailaco ein unglaublich wichtiger archäologischer Fund gemacht wurde. Auf dem Vulkan wurden drei Kindermumien, den Inka zugehörig, gefunden. Diese und die Grabbeigaben werden im MAAM ausgestellt. Man geht davon aus, dass die Kinder geopfert wurden. „La Doncella“ wurde etwa 16 Jahre alt, „La Niña del Rayo“ sechs Jahre, beides Mädchen, und ein siebenjähriger Junge, „El Niño“. Während unseres Besuches haben wir die Mumien der beiden jüngeren Kinder gesehen, „La Doncella“ war für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Insgesamt ist mein Eindruck, dass das Museum sehr respektvoll mit dem Thema umgeht, es mehren sich jedoch kritische Stimmen, ähnlich wie im Museum in San Pedro de Atacama. 


Nach diesen nicht ganz so leicht zu verdauenden Eindrücken schlendern wir noch etwas durch das schöne Stadtzentrum, essen im zentralen Mercado, Salta ist bekannt für seine vorzüglichen Empanadas, bevor wir der Einkaufsstraße Florida einen Besuch abstatten. Hier decke ich mich wieder mit einigen CDs spanischsprachiger Künstler ein, ein wenig zum Leidwesen meines Mannes, der nicht bei allen Künstlern die Auffassung mit mir teilt, dass die Musik klasse ist. 



Am späten Nachmittag sind wir wieder zurück auf der Finca. Das wieder sehr leckere Abendessen nehmen wir auf der Terrasse ein.


Tag 15 – Salta – Valles Calchaquíes - Cafayate

Auf der Suche – nach dem Weg, nach der Zeit und nach einem Nummernschild 


Wenn die Teilzeitreiseleitung eine Fehlplanung gemacht hat, dann bei dem heutigen Tag. Als Erklärung kann ich lediglich anführen, dass ich mich nicht an anderen Planungen, wie z. B. Reiseberichten oder Reiseveranstalterrouten, orientieren konnte. Um es auf den Punkt zu bringen, ich hätte eine Zwischenübernachtung in Cachi einplanen sollen. Während der Routenplanung hatte ich zwar darüber nachgedacht, habe aber zum einen an anderer Stelle keine Nacht streichen wollen (was sich rückblickend gesehen als recht einfach erwiesen hätte) und zum anderen erschien mir die reine Kilometerangabe von 350 km, wenn auch zum größten Teil auf Schotter, als durchaus lösbar. Im Nachhinein ist dies auch machbar gewesen, nur blieb so leider nicht genug Zeit für die sehr schöne Strecke und den pittoresken Ort Cachi. Dummerweise sollte das Ganze zusätzlich durch ein Missgeschick gekrönt werden. Aber der Reihe nach. 


Wir verlassen bereits um 08:00 Uhr die Finca Valentina. Hinter Salta windet sich recht schnell die Straße in Serpentinen die Cuesta del Obispo in mittlerweile gewohnte Höhen und erreicht auf dem Pass mehr als 3.300 Höhenmeter, um anschließend wieder geringfügig nach unten auf die Recta de Tin-Tin überzugehen, eine Ebene, die durch ein kerzengerades Asphaltband von 18 Kilometern geteilt wird. Hier befindet sich der Parque Nacional Los Cardones. Überall aus der Ebene ragen meterhohe Kandelaberkakteen, die jetzt im Frühjahr Blüten tragen. Diese Kandelaberkakteen können eine Höhe von 10 Metern erreichen und müssen erst 50 Jahre alt werden, bis sie blühen. Wir halten an und laufen zwischen diesen riesigen stacheligen Lebewesen umher, ein wunderbarer Ort. Recht schnell setzen wir aber unsere Fahrt fort. Wir haben noch eine lange Etappe vor uns.


Im kleinen Ort Payogasta sehen wir Schwärme von Papageien und ich ärgere mich sehr, dass ich kein Teleobjektiv auf die Reise mitgenommen habe. Für die kleinen gefiederten Schreihälse hätte ich das sehr gut gebrauchen können, so werden es jetzt nur ein paar wenige Schnappschüsse. 

Kaum in Cachi angekommen, hat mich dieser Ort schon in seinen Bann gezogen. Ist das hier schön. Die kleinen weißen Häuser, die geschmackvollen Kakteen und höher gelegene Bordsteine, alles wirkt auf mich wie eine Altiplano-Puppenstube, aber es ist ein realer Ort. Der Hauptplatz mit seiner Adobekirche und dem angrenzenden Museum ist der zentrale Punkt. In diesem Puppenstubenambiente mit seinen 5.500 Einwohnern auf einer Höhe von 2.280 Metern hätten wir es locker eine Nacht ausgehalten, nur um die Atmosphäre dieses bezaubernden Ortes aufzunehmen. Zu meiner Verwunderung sehen wir so gut wie keine weiteren Touristen. 

War die Straße bis Cachi fast durchgehend asphaltiert, wechselt dies schlagartig direkt hinter dem Ort. Wir fahren nun auf Schotter und teilweise auf so engen Abschnitten, die gerade breit genug sind für ein Auto. Das ist für uns als vorausfahrendes Auto in den uneinsehbaren Kurven zuweilen recht aufregend, denn hier kommt uns der eine oder andere Einheimische in der argentinischen Fahrweise mit sehr forschem Tempo entgegen. Mehrmals müssen wir abrupt abbremsen und uns so klein machen, wie es nur irgend geht. 



Die Kirche in Seclantas ist ausnahmsweise nicht in weiß getüncht, hier wählte man ein Zartrosa, unterbrochen von einem Hellblau im Eingangsbereich und auf den Kuppeln. 

Am Ortsende gabelt sich die Straße, und es gibt kein Hinweisschild. Dann passiert es, wir wählen die falsche Richtung. Allerdings führt uns die Piste nun durch eine atemberaubend schöne Landschaft. Die Kandelaberkakteen links und rechts der Straße haben nicht selten die Maximalhöhe erreicht. Wir halten an, fahren weiter, halten an, fahren weiter. Irgendwann denke ich, Molinos müsste eigentlich schon längst erreicht sein, ein anderes Fahrzeug ist uns seit Seclantas nicht mehr begegnet. Dann passieren wir die Laguna de Brealito und mir wird schlagartig bewusst, hier sind wir definitiv falsch. 

In der Ferne entdecken wir einen winzigen Weiler mit einer Kirche und wenigen Häuschen. Wir entscheiden uns, dorthin zu fahren. Draußen sitzen eine ältere Frau und zwei Jugendliche. Wir werden mit unglaublich großen Augen angeschaut. Hier kommt sicherlich so gut wie kein Tourist vorbei und nun gleich vier in zwei Fahrzeugen. Ich frage nach dem Weg nach Molinos, leider kann ich die Frau kaum verstehen. Von den Jugendlichen erfahren wir, dass wir sicherlich schon gute 30 Kilometer falsch gefahren sind, am besten sei es, den gleichen Weg zurückzufahren, es gäbe zwar noch einen anderen, kürzeren Weg nach Molinos, der sei aber nicht beschildert und verfüge über unzählige Abzweigungen.


So langsam rennt uns die Zeit davon und wir beschließen, den kürzeren Weg zu nehmen, kommen aber nicht weit. Nach der zweiten Gabelung geben wir auf und drehen um. Selbst auf der Rückfahrt haben wir allergrößte Probleme, immer die richtige Piste zu erwischen, weil wir uns zu sehr auf die Landschaft und die Kandelaberkakteen fokussiert hatten, aber wir konnten schließlich nicht erahnen, dass wir auf genau dieser Piste wieder zurückfahren müssen. Irgendwie schaffen wir es dann aber und erreichen zu unserer großen Erleichterung Seclantas. Das hätte weit weniger lustig enden können. Wir waren nahe daran, uns heillos zu verfahren. Zum Glück sind wir auf diesen kleinen Weiler gestoßen und die Einheimischen schütteln sicher heute noch den Kopf, während sie beim nächsten Asado von den vier unbedarften Touristen erzählen. 


Aber wäre das nicht genug, stellen wir beim Blick in den Rückspiegel mit Schrecken fest, unsere Freunde fahren ohne Nummernschild. Wir halten, das Nummernschild muss irgendwo auf der Piste abgefallen sein. Auch das noch … wir müssen ein ganzes Stück zurückfahren, ich notiere, wo wir welche Abzweigung nehmen, um uns nicht schon wieder zu verfahren. Nach einigem Suchen liegt dann tatsächlich ein chilenisches Nummernschild im argentinischen Sand. Zu unserem Glück stimmt das Kennzeichen mit dem auf der Rückseite des Wagens überein. Obwohl wir sicher nicht mit einem verlorenen Nummernschild gerechnet haben, sondern wir für andere, welch auch immer gearteten Situationen gerüstet sein wollten, haben wir Kabelbinder ins Gepäck gelegt. Diese kommen jetzt zum Einsatz und selbstverständlich werden diese zukünftig immer bei Selbstfahrerreisen einen Platz im Koffer finden. 


Insgesamt haben wir durch unseren Abstecher, der uns zweifelsohne in eine Wunderwelt von Kandelaberkakteen geführt hat, zwei Stunden verloren. Das nun leider gerade heute, wo wir ohnehin eher enger getaktet sind in unserem Zeitplan. 


Für die Kirchenbesichtigung in Molinos nehmen wir uns keine Zeit. Wir sind alle etwas genervt, erschöpft und stellen uns die Probleme vor, die auf uns zugekommen wären, hätten wir das Nummernschild nicht mehr gefunden. Die eingetrübte Stimmung legt sich aber rasch, die nun folgende Strecke, die über eine deutlich besser zu befahrende Piste führt, trägt ihren Teil dazu bei. 


So ganz langsam bricht die Dämmerung herein und wir fahren durch ein absolutes Highlight, die Quebrada de las Flechas. Leider haben wir nur Zeit für einen kurzen Fotostopp. Darüber hinaus haben nun wir Probleme mit unserem Wagen. Der Seitenspiegel auf der Beifahrerseite löst sich und hängt mehr oder weniger fast nur noch an den Kabeln, die eigentlich nicht der Halterung, sondern der komfortablen Einstellung per Knopfdruck dienen. Wir versuchen, den Spiegel irgendwie notdürftig zu befestigen, das ganze Trauerspiel hält aber auf der Rüttelpiste nicht lange, so fahren wir deutlich langsamer und ich halte das Teil immer wieder fest. So langsam ersehnen wir alle unser heutiges Ziel herbei oder zumindest ein Asphaltband, um unserem Außenspiegel und mir eine kleine Verschnaufpause zu gönnen. 

Gegen kurz vor 20 Uhr – wir sind mittlerweile seit 12 Stunden unterwegs – erreichen wir unsere Unterkunft einige Kilometer nördlich von Cafayate, wo wir die nächsten drei Nächte gebucht haben. Die Casa de la Bodega liegt ländlich inmitten von Weinfeldern. Wir beziehen unser großes Zimmer mit Balkon, essen zu Abend und besprechen unser morgiges Tagesprogramm, das wir anpassen müssen. Heute ist Samstag, morgen wird keine Werkstatt geöffnet haben und mit dem sich in einem bemitleidenswerten Zustand befindlichen Seitenspiegel können wir nicht weiterfahren.


Tag 16 – Cafayate

¿Dónde está Alemania? Claro, en Argentina.


Wer hätte das gedacht? Alemania befindet sich in Argentinien, ganz klar! An diesem gottverlassenen Ort können wir selbstverständlich nicht einfach vorbeifahren. Wir sind heute nur mit einem Wagen unterwegs, der Seitenspiegel wird es uns danken. 

Nach der nicht allzu lang ausfallenden Besichtigung des doch sehr trostlosen Alemania fahren wir durch die Quebrada de las Conchas in Richtung Salta. Unser Endpunkt ist die Garganta del Diablo, wo sich inmitten der roten Felsen das Amphitheater befindet. Wir sind froh, diese Alternativstrecke nach Salta bis hierhin gefahren zu sein, die Landschaft links und rechts der Straße verlangt immer wieder nach Fotostopps. Leider ist das Licht in der Mittagssonne schlecht und die Luft voller Staub.

Zurück in Cafayate essen mein Mann und unsere Freunde leckere Steaks, ich hingegen kann bei meinem Essen leider nicht von lecker sprechen. Die Nudeln sind dermaßen verkocht, ich habe noch nie solche grässlichen Nudeln gegessen. Nach wenigen Bissen reklamiere ich diese und bestelle mir eine Portion Pommes, da ich keinerlei Vertrauen mehr in die Nudelkochkünste dieser Location habe. Hier scheint man tatsächlich nur auf Steak eingerichtet zu sein. 



Drei gesättigte Touristen und eine weniger gesättigte Touristin schlendern dann zur nicht weit entfernten Heladería Miranda, die von einem älteren Ehepaar immer nur wenige Stunden an bestimmten Wochentagen betrieben wird. Die Schlange, die sich hier bildet, verspricht leckeres Eis. Wir werden nicht enttäuscht, es ist einfach nur köstlich.



„Wer die Abenteuerlichkeit des Reisens ins Blut bekommt, wird diese nicht wieder los.“   - Bruno H. Bürgel

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