Argentinien Teil 4 - Tolar Grande bis El Peñón


Argentiniens Puna

"La Puna deja huellas" oder "Im Höhenrausch"

- Teil 4 von Tolar Grande bis El Peñón -



Tag 8 – Tolar Grande – El Peñón

Karge Puna, vielfarbige Puna - oder doch ein Gemälde? 


Über Nacht sind die weißen Flecken auf meinen Zähnen wieder verschwunden, nichtsdestotrotz leuchten sie aber nach wie vor in unterschiedlichem Weiß. 


Auch heute Morgen gibt es in der Hostería für mich ein privates Frühstück, gezaubert von meinem Guide. Gestern ist mit lautem Getöse eine kleine Gruppe Schweizer Touristen angereist und scheinen nun die anderen vier Zimmer in der Hostería zu belegen. Sie haben bereits gefrühstückt. Es wäre schön gewesen, wenn sie ihre Krümel auf den Tischen beseitigt und diese auch abgewischt hätten. Ich murre etwas wegen dieses Verhaltens. Wenigstens sind die Tassen gespült.


Für unseren ersten heutigen Programmpunkt müssen wir nicht weit fahren. Einige wenige Kilometer außerhalb von Tolar Grande liegen die Ojos de Mar. Eigentlich wollten wir uns diese bereits an einem der beiden vergangenen Tage anschauen, aber uns fehlte die Zeit. Als wir ankommen, sind wir die einzigen Besucher und aus Richtung Tolar Grande nähert sich ein Mann, es ist der Guard der Ojos. Der Eintritt ist kostenlos, aber ich werde ihm beim Verlassen ein kleines Trinkgeld in die Hand drücken. Für mich bedeutet es nicht automatisch, weil man diesen Ort kostenfrei besuchen kann, dass man dem hier arbeitenden Wächter nicht auch einen kleinen Tipp zukommen lassen kann. Er wacht über diesen schönen Ort und hat ein Auge darauf, dass dieser Platz so bleibt, wie die Natur ihn geschaffen hat. 


Drei große Pools haben sich in der Salzebene gebildet. Sie schimmern in Blau, Grün und Türkis. Ein wenig erinnern sie mich an Pools im Yellowstone und im Wai-o-Tapu, nur dass die Ojos keine vulkanische Aktivität aufweisen, obwohl genau genommen ist die ganze Gegend vulkanischen Ursprungs. Der Guard achtet peinlichst darauf, wohin ich gehe und dass ich nicht zu nahe an die Pools herantrete. Das begrüße ich, denn Hineinfallen möchte ich ungern. Ich frage ihn, wie tief die Pools sind und so erfahre ich, dass einer 8 Meter tief ist, der zweite 6 Meter und der dritte Pool 2 Meter. 


Bevor wir unsere Fahrt fortsetzen, müssen wir meine Schuhe vom Salz befreien. Es ist kaum zu glauben, wie viel Salz ich eingesammelt habe und wie fest es an Sohle und Material klebt, so kommt man ungewollt an Plateausohlen. Aber auch für diese Lebenslage hat mein Guide Vorsorge getroffen, er hat Bürsten im Auto. 

Nachdem wir gestern „den Ort, an dem jeder dem Tod geweiht ist“ von Osten nach Westen und vice versa gequert haben, biegen wir heute auf die Salzpiste Richtung Süden ab. 70 Kilometer beträgt die Nord-Süd-Ausdehnung des Salars de Arizaro. Etwa 90 Minuten fahren wir bis zu dem Highlight, das ich zuvor schon auf Bildern gesehen habe, den Cono de Arita. Mit einer fast perfekten Kegelform erhebt sich der Vulkan 70 Meter hoch aus der ebenen, gräulichen Salzpfanne. Alle Maße an diesem Ort scheinen mit der Zahl 70 in Verbindung zu stehen. Es ist äußerst mühsam, auf dem Salzsee zu laufen, besonders weit komme ich nicht, aber das ist mir auch nicht wichtig. 

Wir verlassen den Salzsee und fahren mal auf etwas breiteren Pisten, mal auf einspurigen Pisten, dann auf Tracks und manchmal ist kaum eine Fahrspur zu erkennen. Immer wieder gibt es Abzweigungen, allen gemeinsam ist, dass keine beschildert ist. Teilweise sind die Tracks sehr übel und nur mit 4 x 4 zu passieren, über Stunden werde ich durchgeschüttelt, zum Glück habe ich keine Bandscheibenprobleme. All diese Mühe wird mit einer atemberaubenden Szenerie um mich herum belohnt. Ständig wechseln die Ausblicke, es ist unbeschreiblich, was vulkanische Aktivität hier geschaffen hat. Immer wieder staune ich über diese Landschaft, die eher vermuten lässt, der Palette eines Malers entsprungen zu sein, als dass sie tatsächlich Realität ist. Wir passieren den Volcán Antofalla, selbstredend auch ein 6.000er, genau genommen finde ich Höhenangaben von 6.409 Metern. Dieser Vulkan ist besonders gut zu sehen, wenn man die Strecke von Norden nach Süden fährt. 

Und dann stehen wir oberhalb des Salars de Antofalla, vor mir liegen unglaubliche Ausblicke. Ich habe tatsächlich das Gefühl, die Umgebung ist gemalt und so fühlen sich für mich auch meine Fotos an. Irgendwie unwirklich, wie nicht von dieser Welt.

Wir fahren auf steilen Pisten hinunter zum Salar. Unser Ziel ist der kleine Weiler Antofalla, wo wir zu Mittag essen werden. Seit wir am Morgen Tolar Grande verlassen haben, habe ich kein anderes Fahrzeug gesehen, geschweige denn irgendeine Form menschlicher Ansiedlung, einzig an eine Goldmine in der Nähe des Salars de Arizaro kann ich mich erinnern. Ich möchte mir nicht vorstellen, was passiert, wenn man sich hier für eine falsche der unzähligen Abzweigungen entscheidet und/oder eine Panne hat, wir befinden uns größtenteils auf über 4.000 Metern Höhe. Schlimmstenfalls ist Niemand über den Aufenthaltsort unterrichtet, man hat kein entsprechendes Kommunikationsgerät an Bord, weitab vom Mobilfunknetz befindet man sich ohnehin und fehlende Spanischkenntnisse könnten zu einer zusätzlichen Hürde werden. Ich denke darüber nach, wen ruft man an, falls man als Individualtourist mit nur einem Wagen unterwegs ist und zumindest ein Satellitentelefon mit sich führt? Den argentinischen Automobilclub? In welcher Sprache kommuniziert man, wenn man nicht gut genug Spanisch spricht? Allerspätestens auf dieser heutigen Etappe weiß ich, dass diese Strecke definitiv nichts für uns wäre, um sie alleine als Selbstfahrer zu bereisen. Vielleicht ändert sich meine Einstellung dazu in einigen Jahren, wenn die Strecken mehr frequentiert sein sollten, nur im Hier und Jetzt weiß ich, wie meine Entscheidung ausfällt.


Unten am Rande des Salzsees liegt auf 3.495 Metern der Weiler Antofalla. Mein Guide erzählt mir, dass die Menschen in Antofalla seit einiger Zeit nun zumindest stundenweise Strom haben. Indem die Guides mit ihren Gästen hier regelmäßig bei Einheimischen zum Essen einkehren, unterstützt die Agentur die hier lebenden Menschen. Aber auch darüber hinaus wird von der Agentur das eine oder andere vor Ort unterstützt, wie ich von meinem Guide erfahre. 


Man könnte meinen, jedes Drehbuch hätte es nicht besser planen können. Gerade, als wir mit unserem Wagen halten, laufen zwei Mädchen vorbei. Ich bitte meinen Guide, der bereits ausgestiegen ist, er möge sie bitte zurückrufen, während ich die hintere Wagentür öffne und die beiden Puppen heraushole. Wo sonst hätte ich die beiden Stoffmädchen besser verschenken können als hier? 


Mein Guide kennt die Familie gut, bei der wir essen und er erzählt mir, dass ein weibliches Mitglied der Familie in Salta Geologie studiert hat. Mein Respekt für diese Leistung ist immens, vom kleinen Weiler Antofalla zu einem Universitätsabschluss. Bereits im Vorraum des Hauses hatte ich mehrere der Kränze mit Papierblumen gesehen, auch hier im Wohn-Küchen-Bereich hängen diese Kunstwerke. Ich frage die Dame, die uns so wunderbar mit Hähnchen und Reis bekocht hat, ob sie diese selbst herstellt und wie lange sie dafür benötigt. Ich erfahre, dass sie diese für den Dia Todos los Santos, Allerheiligen, gefertigt hat. In zwei Tagen wird überall im Land der Verstorbenen gedacht und die Gräber auf den Friedhöfen im Hochland werden mit bunten Papierblumen geschmückt sein. 

Wir verlassen den kleinen, so einsam gelegenen Weiler Antofalla über den gleichnamigen Salzsee. Auf der anderen Seite geht es wieder über rumpelige Pisten bergauf. Auch von dieser Seite bieten sich spektakuläre Panoramablicke. 

Mit 4.635 Metern erreichen wir den höchsten Punkt unserer heutigen Etappe. Ein Blick in den Spiegel verrät mir, dass sich die weißen Flecken auf meinen Zähnen auch heute wieder eingefunden haben. 


Die Fahrt nach Antofagasta de la Sierra führt durch eine gänzlich neue Landschaftsszenerie. Einige Zeit fahren wir auf einer Strecke, links und rechts flankiert von Hügeln, die mit Paja Brava, dem gelbem Pampagras, bewachsen sind. 

Dann erreichen wir die Vega de Antofalla. Hier grasen Lamas, ich steige aus und mache Fotos. Wir passieren mehrere dieser wunderbaren Vegas und der Name einer Vega, Vega Colorada, könnte stellvertretend für alle anderen stehen. Aber nicht nur Lamas sind zu sehen, Kondore schweben am Himmel, sind aber zu weit entfernt, als dass ich sie fotografieren könnte, Vikuñjas natürlich, Graukehl-Höhenläufer (Agachona de Collar) stehen für ein Fotoshooting bereit und auch ein Fuchs lässt sich blicken. 

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In den folgenden Stunden kann man fast schon von einer Rush-Hour sprechen, drei Autos begegnen uns, zwei gehören zu einer Mine und ein Transporter, der große Wasserkanister geladen hat. 


Die Strecke zwischen Antofagasta de la Sierra und El Peñón wurde vor einiger Zeit mit einer Asphaltdecke beglückt. Das muss nach der Drucklegung meines Atlasses passiert sein und ich genieße es, die letzte Stunde unserer heutigen Fahrtstrecke nicht mehr durchgeschüttelt zu werden. Die Gegend hier ist wieder komplett anders, als alles, was ich bisher in der Puna zu Gesicht bekommen habe. Unzählige dunkle Vulkankegel finden sich entlang der verbleibenden Strecke. 

Am sehr späten Nachmittag erreichen wir El Peñón, wo ich für drei Nächte in der Hostería (La Altura) El Peñon übernachten werde. Diese ist nicht ganz so einfach wie die Hostería in Tolar Grande und verfügt über 8 Zimmer. 

Später sitze ich im Aufenthaltsraum und warte auf das Abendessen, dass hier erst um 20:30 Uhr serviert wird, als mich ein Herr anspricht und fragt, ob ich Englisch spräche. Mir fällt das beinahe nicht auf, seit Tagen spreche ich kaum noch etwas anderes, es sei denn, ich spreche mit mir selbst oder wechselte einige Worte mit meinen Schweizer Zimmernachbarn in Tolar Grande. Selbst beim letzten Telefonat mit meinem Mann begann ich die ersten Sätze auf Englisch, bis er mir dann sagte, ich könne mit ihm auch auf Deutsch sprechen. Dabei hatte ich im Vorfeld Sorge, wie es sein würde, zwei Wochen kaum in meiner Muttersprache sprechen zu können. Diese Sorge war völlig unbegründet. 


Es stellt sich heraus, dass der Herr, der mich angesprochen hat, gemeinsam mit seiner Frau ebenfalls eine Privattour macht und beide aus England kommen, seine Frau sich jedoch aufgrund der Höhe ausgesprochen unwohl fühlt und daher auf dem Zimmer bleiben wird. Wir unterhalten uns und er fragt mich nach einer Weile, ob wir gemeinsam zu Abend essen wollen. So sitzen wir beide nicht alleine und setzen unsere sehr nette Unterhaltung fort.


Bevor ich einschlafe, denke ich noch einmal an den heutigen Tag zurück. Hinter mir liegt eine einzige Panoramafahrt mit ständig wechselnden, spektakulären Puna-Landschaften, eindrucksvollen Begegnungen mit Menschen in Antofalla und ein wenig Wildlife als i-Tüpfelchen on top.


Tag 9 – El Peñón

Vulkanische Puna, archäologische Puna, tierreiche Puna oder kurz gesagt: Ich bin im Safari-Himmel


Das Frühstück nehme ich wieder zusammen mit dem Herrn aus England ein. Seiner Frau geht es weiterhin nicht gut und sie wird heute in der Unterkunft bleiben. El Peñón liegt auf etwa 3.500 Metern und ist in der Puna damit fast schon als gemäßigt zu bezeichnen, aber dennoch hoch genug gelegen, um unter Soroche zu leiden. Zum Glück geht es mir nach wie vor gut, nur die Trockenheit macht mir ein wenig zu schaffen, ständig behalte ich meine sich in Windeseile leerenden Wasservorräte im Auge - und natürlich meine Zähne mit den immer wiederkehrenden Flecken, die dann über Nacht wundersamerweise wieder verschwinden. 


Kurz nach 08:00 Uhr sitzen mein Guide und ich bereits im Pickup. Auf der geteerten Straße fahren wir bis Antofagasta de la Sierra, wo nicht nur der Asphalt endet, sondern wo wir auch bis zum Abend die letzten Spuren menschlicher Ansiedlung hinter uns lassen werden. Wir biegen Richtung Osten ab und legen unseren ersten Stopp am Campo las Tobas ein. Die archäologische Sehenswürdigkeit in Form von 10.000 Jahre alten Petroglyphen ist mir ebenfalls bisher nicht bekannt gewesen.

Unweit vom Campo las Tobas liegt der Canyon de Membrita. Ich laufe alleine los. Von einem ungesicherten Felsvorsprung schaue ich in die Tiefe auf eine Vega. Das lebensspendende Blau des Wassers, das für das Gelb und Grün an seinen Ufern verantwortlich zeichnet, liefert einen interessanten Kontrast zum Rot und Grau der Umgebung. Ich stelle mir vor, wie es wäre, hier einen Puma zu sehen, aber die Wahrscheinlichkeit einen Sechser im Lotto zu erzielen, liegt möglicherweise höher als solch eine Sichtung. Schade, mit dieser Sichtung wäre mir die Entscheidung für den Titel meines Reiseberichtes leicht gefallen, Puma in der Puna. Nun gut, man kann nicht alles haben. Lange kann ich diesem Gedankengang nicht nachhängen, denn meine Einsamkeit hat ein Ende, als drei Männer mit ihrem Guide vorfahren und sich nähern. Wie üblich, werde ich von allen freundlich gegrüßt und einer fragt mich, woher ich käme. Nachdem ich die Frage beantwortet habe, mache ich geschwind ein paar Fotos, unter anderem eines mit unserem Wagen im Matchbox-Format auf Felsen. 

Mein Guide und ich unterhalten uns über die mir so witzig erscheinenden gleichlautenden Doppelnamen. Während des Gespräches lerne ich einen neuen dieser Namen kennen, Muña Muña. Es handelt sich um eine Pflanze, die in den hohen Regionen der Anden wächst und unter Einheimischen als natürliches Viagra bekannt ist. 


Die Landschaft, durch die wir nun fahren, ist einmal mehr wieder komplett anders als alles, was ich in den vergangenen Tagen gesehen habe, aber nicht minder schön und ebenso einsam. Die Puna erstaunt mich ständig aufs Neue, es ist kaum zu glauben, dass es in der Kargheit solch eine Vielfalt von Formen und Farben geben kann. Keine Minute ist mir langweilig, ständig prasseln neue Eindrücke auf mich herab. Ich merke, wie sich meine interne Speicherkarte mehr und mehr füllt. Das ist auch gut so, denn die Speicherkarte meines Fotoapparates kann diese Landschaften nur begrenzt erfassen. 

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Dann stehen wir vor dem Eingang des Cañón de Real Grande, die 4.000 Meter Marke haben wir schon längst ein weiteres Mal überschritten. Hier am Beginn des Canyons steht ein Schild, das darauf hinweist, dass dieser Abschnitt nur mit 4 x 4 zu befahren ist. Nun gut, jeder, der es bis hierher geschafft hat, wird sicherlich nicht ohne auf der ihm hinter liegenden Strecke ausgekommen sein. 



Etwa 15 Minuten dauert die Fahrt auf recht rauer und zuweilen so enger Piste, dass nur wenige Zentimeter zwischen Fahrzeug und Felswänden liegen. 

Die Piste, die nun folgt, hat den Namen nur zeitweise verdient, denn des Öfteren ist sie nicht existent. Nach meiner Einschätzung ist dies der bisher anspruchsvollste Streckenabschnitt, den wir auf meiner Tour durch die Puna fahren. Dafür ist die Landschaft um mich herum einmal mehr atemberaubend, sogar Büßerschneeformationen in Bonsaigröße finden sich zu meiner Freude am Wegesrand. Wie kalt es hier werden kann, zeigt sich auch am Eis auf den Bachläufen. 

Nach langer, aber spektakulärer Fahrt durch Landschaften, die mir keine Minute des Durchatmens gönnen, was in Anbetracht des spärlichen Sauerstoffes in dieser Höhe beinahe doppelt anstrengend klingen mag, stehen wir am Mirador auf 5.140 Metern am Kraterrand des Vulkans Galán und schauen hinunter auf die Laguna Diamante, die im südwestlichen Bereich der Caldera liegt. Obwohl dieser Vulkan eine der größten Calderas mit einem Durchmesser von mehr als 40 Kilometern umfasst, gehört er eher zu den unbekannten, heißblütigen Repräsentanten seiner Art auf unserem Planeten. Dieser gigantische Krater entstand bei einer Supereruption vor mehr als 2 Millionen Jahren, wurde aber tatsächlich erst durch Satellitenaufnahmen entdeckt. 

Wir fahren hinunter zur Lagune. Es bläst ein eisiger Wind. Auf einem etwas erhöhten Aussichtspunkt halte ich ein paar Meter Abstand zum Abgrund, da der Wind hier nicht nur eisig, sondern mit solcher Kraft an mir zerrt, dass ich Probleme habe, nicht den Halt zu verlieren. Lange halte ich es daher hier oben nicht aus und flüchte mich ins Auto, in dem ich mich fast ein wenig wie auf einem Boot fühle, so sehr schwankt es. Recht nahe an der Wasserkante ist es nicht mehr ganz so stürmisch. 

Für mich und meine Kamera gibt es kein Halten mehr, so sehr nimmt mich die Szenerie gefangen. Irgendwann trenne ich mich aber auch von diesem Ort. Vor uns liegen weitere Programmpunkte und auch dieser Tag ist endlich. Die Straßenverhältnisse im Krater sind auch nicht die allerbesten, um es vorsichtig zu formulieren.

Zu meiner Überraschung gibt es hier sogar ein kleines Areal mit Fumarolen, nichts Spektakuläres, wenn man bereits andere ähnliche Gebiete oder Geysire gesehen hat, aber auf alle Fälle lohnenswert für einen kurzen Stopp, wenn man ohnehin gerade in dieser Gegend unterwegs ist. Mein Guide wartet wieder im Auto, während ich einige Fotos von den Fumarolen mache. Hier begegne ich wieder den Männern vom Membrita Canyon. In fließendem Englisch fragt mich einer der Männer tatsächlich, ob ich für ein Naturmagazin oder eine Universität arbeite. Ich bin völlig erstaunt, als er mich dies fragt und wundere mich, wie er darauf kommt. Möglicherweise, so meine Annahme, weil es eher ungewöhnlich ist, ausländische Touristen hier anzutreffen und dann noch eine allein reisende Frau mit Guide. Nein, ist meine Antwort, ich bin nur eine Touristin, die bereits schon einige Male in Argentinien war und immer wieder gerne durch dieses schöne Land reist. Jetzt ist es an ihm, völlig erstaunt zu sein. Im Nachhinein frage ich mich, was er wohl dachte, als ich ihm meine Antwort mit unterschiedlich weißen, dafür aber mit obendrein hellweiß gesprenkelten Zähnen entgegnet habe. Zumindest hat er sich nichts anmerken lassen. Wir unterhalten uns kurz, er erzählt mir, dass er Argentinier sei, aber in Europa lebt und arbeitet. Das war eine sehr nette Begegnung und auch die einzige, seitdem wir das Asphaltband hinter uns gelassen haben.

Wir verlassen den Krater mit seinen gigantischen Ausmaßen und halten nur kurz an einem Aussichtspunkt, der mich auf eine weitere kleinere Lagune blicken lässt, bevor wir unsere Fahrt zur Laguna Grande fortsetzen.

Die Szenerie, die die Laguna Grande umgibt, ist wunderschön. Wir suchen uns oberhalb der Lagune einen Platz, wo wir unser verspätetes Mittagessen mit spektakulärem Blick auf die Lagune einnehmen. Leider ist es so windig, dass wir unser Sandwich im Auto essen müssen, aber mit was für einem Ausblick werde ich belohnt. Hinter dem Wagen befinden sich Felsformationen, die mich an Hoodoos in Nordamerika erinnern und wenn ich mich nach links drehe, schaue ich auf eine weitere kleinere Lagune, die eine gänzlich andere Farbe aufweist.

In der Laguna Grande tummeln sich unzählige James Flamingos. Im Winter friert alles zu, aber sobald der Frühling erwacht, finden sich die rosa-weiß gefiederten Vögelchen ein. Die Lagune auf 4.150 Metern Höhe ist eine ihrer größten Sammelpunkte in den Anden. Zeitweise beherbergt die Lagune sogar 25 % der gesamten Population des James Flamingos. Ich habe bereits einige Lagunen in den Anden besucht und immer wieder Flamingos gesehen, aber noch nie in dieser Anzahl, und ich bin mir zudem nicht sicher, ob ich zuvor schon einmal James Flamingos gesehen habe.


Ich kann mich nicht satt sehen und mein Fotoapparat muss im Akkord arbeiten; ich bekomme in der Puna keine Atempause, warum sollte er. 

Gerade, als wir die Lagune verlassen wollen, sammelt sich eine größere Gruppe und vollzieht einen Tanz, wie ich in bisher nur aus dem Fernsehen kannte. Die Gruppe stolziert gemeinsam nach rechts, dreht sich dann geschlossen um und stolziert nach links, um anschließend das gleiche Ritual ein weiteres Mal zu vollziehen. Dieses Schauspiel wiederholt sich mehrmals. Es ist einfach nur faszinierend und ich kann es mit eigenen Augen sehen. Ich bin nicht in Afrika, ich bin in der Puna und dennoch bin ich im Safari-Himmel, jetzt und hier.

Langsam wird es zur Gewohnheit, das Abendessen nehme ich wieder gemeinsam mit dem Herrn aus England ein und wieder führen wir sehr angenehme Gespräche. Seine Frau fühlt sich immer noch nicht fit genug, um das Zimmer zu verlassen. Ich hoffe für die beiden, dass sie ihre Reise, die die nächsten Tage noch ganz andere Höhen als El Peñón abverlangen wird, gut überstehen und sie diese auch genießen werden können. Ich werde die netten Gespräche vermissen, denn beide werden morgen abreisen, ich hingegen habe noch einen weiteren Tag, einen letzten Tag in der Puna. Auf mich wartet ein ganz besonderes Highlight, auf das ich mich sehr freue. 



„Wer die Abenteuerlichkeit des Reisens ins Blut bekommt, wird diese nicht wieder los.“   - Bruno H. Bürgel

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