Pantanal & Chile Teil 5 - Codpa Valley bis Putre


Pantanal und Chiles Norden

Vom Reich der Jaguare zu den Farbenwelten im Norden Chiles

- Teil 5 Codpa Valley bis Putre -




Tag 20 – Codpa Valley - Putre

Entlang der Ruta de las Misiones 


Ich glaube, das ist die erste Reise, in der wir ein digitales Navi an Bord haben. Das analoge, in Form von mir, war bisher auf unseren Reisen (von kleinen Ausnahmen abgesehen) zumeist ausreichend. Würden wir uns heute auf das Navigationsgerät verlassen, lägen wir in einem der unzähligen Canyons. Mehr als ein dutzend Mal sollen wir in den Abgrund fahren. Irgendwann geht es uns dermaßen auf die Nerven, dass wir das Teil abschalten und das analoge Navi muss wieder seinen Dienst verrichten. 


Die heutige Fahrstrecke ist mit 150 Kilometern nicht gerade als lang zu bezeichnen, aber diese Strecke hat es zeitweise in sich. Sie ist sehr kurvig, oftmals gerade breit genug für ein Auto und führt mehr als einmal direkt an sehr tiefen Berghängen ohne irgendeine Sicherung entlang. Zumeist besteht die Strecke aus einer nicht einfach zu befahrenden Erdpiste, um dann wieder mitten im Nirgendwo für einige Kilometer wunderlicher Weise in eine funkelnagelneue Asphaltstraße überzugehen, die dann genauso abrupt endet, wie sie begonnen hat. Das Ganze zieht sich in dieser wechselnden Qualität bis zum Ort Belén hin, um von dort bis Putre endgültig in Asphalt überzugehen. Wir sind froh, dass uns bis Belén gerade einmal drei Fahrzeuge entgegen kommen.


Diese Strecke wurde vor einigen Jahren als Ruta de las Misiones ins Leben gerufen. Obwohl teilweise abenteuerlich zu fahren, ist die Strecke wirklich wunderschön und sie führt entlang, aber auch durch, winzig kleine Ortschaften, die so abgelegen sind, dass wir uns fragen, wie die Menschen hier wohl leben. Jede dieser Ortschaften und mag sie noch so klein sein, hat ihre eigene Kirche, zumeist im Adobestil des Altiplanos. Wir sind sehr froh, uns für diese wenig befahrene Strecke von Codpa via Timar, Tignamar, Lupica und Belén entschieden zu haben. 

Putre mit seinen knapp 2.000 Einwohnern liegt auf etwa 3.500 Metern Höhe und bietet sich zur Erkundung der spektakulären Umgebung geradezu als Übernachtungsort an. Hier werden wir die nächsten drei Nächte in der Terrace Lodge wohnen. Bevor wir jedoch zu unserer Lodge fahren, wollen wir erst einmal schauen, woher wir Benzin bekommen, denn in Putre und der weiteren Umgebung gibt es keine Tankstelle. So fragen wir eine Passantin, die uns zu einem Geschäft schickt. 


Dorthin fahren wir und ich frage drinnen im Geschäft, das sich in einem kleinen, dunklen Raum befindet, nach Benzin. Dann folgt eine scheinbar äußerst geheime Mission, die wir sehr belustigt beobachten. In Getränkekanistern abgefüllt wird das Benzin über eine Wasserflasche, die auf der einen Seite abgeschnitten wurde und als Trichter dient, in unseren Tank gefüllt, während eine zweite Person, so scheint es uns, Schmiere steht. Passanten gehen vorbei, unterhalten sich mit den beiden Treibstofflieferanten, das Ganze scheint hier Tagesgeschäft zu sein.

Die Terrace Lodge wird von einem italienischen Paar geführt. Sie werden uns aber später erzählen, dass sie planen, innerhalb Chiles umzuziehen. Insgesamt verfügt die Lodge über 5 Zimmer und es gefällt uns hier sehr gut. Ich denke, da in Putre die Auswahl nicht sonderlich groß ist, haben wir eine ausgezeichnete Wahl getroffen. 

Wir versuchen am Abend im Ort noch etwas zum Essen zu bekommen, was sich ebenfalls als nicht allzu leicht herausstellt, werden dann aber im Restaurant Rosamel fündig. Wir wundern uns, sind aber gleichzeitig erfreut, dass Putre noch so ursprünglich ist und auf der touristischen Landkarte bisher noch keine so große Rolle spielt. 


Tag 21 – Putre (Lauca Nationalpark)

Zwillingsvulkane an der Grenze zu Bolivien


Die Höhe hat uns in der Nacht immer mal wieder aufwachen lassen, aber darüber hinaus haben wir zum Glück keinerlei weiteren Probleme. Diese können wir auch nicht brauchen, denn unser heutiges Ziel liegt direkt an der Grenze zu Bolivien auf etwa 4.600 Metern Höhe, der Lauca Nationalpark. Ich habe schon einige Bilder dieses Parks auf dem Altiplano gesehen, die allesamt wunderschön waren, gleichzeitig aber eine gänzlich andere Landschaft als die rund um San Pedro de Atacama zeigten. 


Durch den Park führt die für den Norden Chiles und noch mehr für Bolivien immens wichtige, durchgehend asphaltierte Fernstraße von La Paz in Bolivien nach Arica mit seinem Überseehafen im Norden Chiles. 


Aushängeschild des Parks sind die beiden Zwillingsvulkane, der Parinacota (6.330 Meter) und der Pomerape (6.240 Meter). Hat man Wetterglück, wie wir später an diesem Tag, erblickt man am Horizont Boliviens höchsten Gipfel, den des Vulkans Sajama (6.520 Meter), der im dortigen gleichnamigen Nationalpark liegt. 


Die Straße windet sich ab Putre in die Höhe, auf der Strecke sind nicht gerade wenige Lastwagen und Busse unterwegs. Das eine oder andere Fahrzeug muss der Höhe Tribut zollen und kommt nur noch im Schritttempo voran. Manche liegen gleich ganz an der Straßenseite. Unser Wagen hält tapfer durch, auch wenn bei unserem treuen Gefährt ebenfalls die Motorleistung merklich schwindet. 


Die Landschaft, durch die wir fahren, wird immer spektakulärer. Es sind von Putre aus nur ca. 60 Kilometer, dann befinden wir uns bereits auf 4.600 Meter. Jedes Mal, wenn wir aussteigen, müssen wir uns zwingen, langsam zu gehen, um nicht gleich außer Atem zu geraten. 

Wir sehen Lamas und Alpakas mit buntem Stoffschmuck, aber auch immer wieder die wild lebenden grazilen Vicuñas, die man erst ab einer Höhe von 3.500 Metern antreffen kann. In den Lagunen können wir Flamingos, Gänse und Enten beobachten. Zu Füßen der Vulkane Parinacota und Pomerape liegt der Lago Chungará, in dessen Wasser sich der schneebedeckte, perfekt geformte Kegel des Parinacota spiegelt.


Nicht weit von dieser einmaligen Szenerie auf der anderen Seite der Vulkane liegen die nicht minder beindruckenden Lagunas de Cotacotani. 

Alle Bilder, die ich zuvor von dieser Gegend gesehen haben, haben nicht zu viel versprochen. Hier ist es wunderschön. Wir fahren bis zur Grenzstation auf etwa 4.600 Meter und laufen die kurzen Pfade, die immer wieder seitlich der Straße abgehen. 

Bevor wir die Höhe verlassen, fahren wir noch zum wenige Kilometer von der Straße entfernten Aymara-Ort Parinacota. Hier steht eine schöne Altiplano Kirche aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Fast noch schöner empfinden wir aber die Strecke dorthin. Diese führt vorbei an Bofedales, Feuchtgebiete, auf denen unzählige Lamas und Alpakas mit ihrem bunten Markierungsschmuck grasen.


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Tag 22 – Putre (Suriplaza)

Totale Einsamkeit in einer (noch) unbekannten Farbenwelt


Ich muss zugeben, dass mir der Ort Suriplaza bis zu unserem Aufenthalt in Putre nichts sagte. Den heutigen Ausflugstipp verdanken wir Flavio, dem unglaublich freundlichen Inhaber der Terrace Lodge. Er sagt uns, dass Suriplaza sein absoluter Lieblingsort hier im Norden Chiles sei. In keinem meiner Reiseführer zu Chile ist die Rede von diesem Ort - und ich besitze wahrscheinlich alle deutschsprachigen und auch einige englischsprachigen Reiseführer zu diesem Land. Erst einige Zeit nach unserer Rückkehr werde ich feststellen, dass dieser Ort mittlerweile den Weg in die neueste Ausgabe eines Reiseführers gefunden hat und ich gehe davon aus, dass es nicht der letzte sein wird. 


Flavio skizziert uns auf einem weißen Blatt die Anfahrt, kein Schild wird uns den Weg weisen und auf unser digitales Navi können wir nicht zählen. Handschriftlich sind wichtige Eckpunkte auf der Zeichnung notiert und ich bitte Flavio, abends zu schauen, ob wir wieder zurück sind. Ein klein wenig habe ich Bedenken, dass wir verloren gehen oder eine Panne haben und dann in der Höhe auf uns alleine gestellt sind. Sicherheitshalber legen wir noch zusätzliche warme Kleidung in den Wagen. 


Die kostbare Karte in der Hand starten wir unser kleines Abenteuer. An der Flanke der Nevados de Putre (5.825 Meter) entlang führt der erste Pistenabschnitt.


Felsen sind immer wieder von den für das Altiplano so typischen Llareta Pflanzen bewachsen. Diese kann man erst in extremen Höhen finden. Ich finde diese Gewächse ausgesprochen faszinierend. Die grüne Llareta hat zumeist eine ähnliche Form wie die sie umgebenden Steine und gehört leider zu den gefährdeten Arten, da sie gerne als Brennmaterial verwendet wurde. Diese extrem widerstandsfähige und wundersame Pflanze kann ein vierstelliges Alter erreichen. Obwohl wir uns in einer so unglaublich trockenen Gegend befinden, entdecken wir aber auch stachelige Pflanzen, die blühen. 

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Die Straße ist sehr eng, ungesichert geht es am Seitenrand hunderte Meter steil nach unten. Dieser Abschnitt ist definitiv nichts für Menschen mit Höhenangst. Ich weiß nicht, ob ich diese Strecke fahren möchte, wenn Suriplaza mehr Touristen anlockt und hier dann zwangsläufig mehr Verkehr unterwegs sein wird – wohl eher nicht. So werden uns an diesem Tag weniger als eine Handvoll Autos, allesamt Einheimische, begegnen. Irgendwann passieren wir am Straßenrand ein Schild mit der Höhenangabe: 5.250 Meter. Dies ist zweifelsohne unser bisheriger Höhenrekord! Wir sind froh, dass wir immer viel Wert auf eine gute Höhenanpassung legen, sonst hätten wir jetzt möglicherweise wenig Freude an unserer Tour. 


Wir passieren die Quebrada de Allané. Dies ist ein vielfarbiger, mehrere hundert Meter tiefer Canyon. Es ist hier schon sehr beeindruckend, aber unser heutiges Ziel trägt einen anderen Namen, nämlich Suriplaza. Suriplaza liegt nur 70 Kilometer von Putre entfernt, die Fahrt dorthin führt aber durch eine der einsamsten Gegenden, die wir bisher bereist haben. Ein einziges Mal fahren wir durch einen gottverlassen wirkenden Weiler mit wenigen Häusern. Würde nicht ein Auto neben einem der Häuser parken, würde nicht Kinderspielzeug herumliegen und eine recht neu wirkende Satellitenschüssel an einem der Häuser hängen, wir könnten nicht glauben, dass hier Menschen leben. 

Dann erreichen wir Suriplaza. Ich weiß nicht, wie ich diese Gegend beschreiben soll, kein Bild wird diesem Platz gerecht, man muss diesen Ort gesehen haben. Unwirkliche Farbenspiele in dieser von Erd- und Rottönen dominierten Gegend. Eine Gegend, wo mir der Himmel zum Greifen nah scheint. Die Berge und der Boden leuchten regelrecht, das Ganze vor dem tiefblauen Himmel, dazu kommt dieses so besondere und einmalige Licht in dieser Höhe. Es ist einfach nur grandios. Wir sind hier mutterseelenallein und müssen aufpassen, dass wir uns auf dem sandigen Untergrund nicht festfahren und hoffen, dass unser Wagen in dieser Höhe nicht schlapp macht. Wir machen Fotos und laufen ein wenig umher. Allzu weit schaffen wir es aber nicht, die dünne Luft und die atemberaubende Szenerie tragen dazu bei. Wir sind Flavio sehr dankbar für diesen Tipp. Suriplaza ist für uns ein magischer Ort. 

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Zurück in Putre melden wir uns zuerst bei Flavio zurück und er freut sich, dass es uns so gut gefallen hat. Wahrscheinlich freut er sich ebenso, dass er keinen Suchtrupp nach uns losschicken muss. 



Den Abend verbringen wir in einem der wenigen Restaurants in Putre, im Cantaverdi, in Gesellschaft eines sehr netten deutschen Paares, das ebenfalls in der Terrace Lodge wohnt. Wir haben viel Gesprächsstoff. 


Tag 23 – Putre - Iquique

Durchatmen auf Meereshöhe


Sobald die Sonne über Putre untergeht, sinken schlagartig die Temperaturen und erreichen den Gefrierpunkt. Die Heizung in unserem Zimmer ist leider auch nicht die leistungsstärkste und so war die Nacht kalt und ich habe gefroren. 


Da wir nun zum einen wissen, dass die Panamericana ab der Mittagszeit für mehrere Stunden gesperrt sein wird und wir zusätzlich beim gestrigen Abendessen erfahren haben, dass es ebenfalls unangekündigte Sperrungen auf der Strecke nach Arica wegen Bauarbeiten gibt, verlassen wir bei 4 Grad Celsius um 07:00 Uhr Putre. Für chilenische Unterkünfte eindeutig zu früh, um frühstücken zu können. So haben wir bereits am Vorabend ausgecheckt und unser Frühstückspaket erhalten. Dieses fällt leider ziemlich spärlich aus, für jeden gibt es ein kleines Sandwich und einen Apfel. Na ja, verhungern werden wir nicht. 


Da wir vorgewarnt sind, fahren wir vor Arica auf die A-191, die teilweise einen leicht abenteuerlichen Verlauf hat, aber wenigstens nicht gesperrt ist. Dafür müssen wir dann auf der Panamericana an der großen Baustelle warten. Zum Glück ist die Passage für den heutigen Tag noch nicht gesperrt. Nichtsdestotrotz kostet es uns schon wieder 1 ½ Stunden Zeit, aber immer noch besser als die komplette Phase von 4 bis 5 Stunden der täglichen Sperrung hier zu verbringen. 


Die gesamte Strecke bietet nichts sonderlich Spektakuläres und so erreichen wir nach guten 450 Kilometern Iquique. Dann aber folgt das Spektakuläre, nämlich die Lage der Stadt Iquique. 


Wir fahren an der Kordillerenwand entlang, die hier 600 Meter tief abfällt und an der sich die Straße in Serpentinen hinunter zur Stadt windet. Außer der Küstenstraße, die nach Süden führt, gibt es keine weitere Zufahrt zu dieser Stadt mit mehr als 200.000 Einwohnern. Wir genießen die imposante Aussicht von oben, können aber leider nicht anhalten, gleichzeitig frage ich mich, was passiert bei einem Erdbeben und einem möglichen Tsunami in dieser Stadt. Wie schnell können so viele Menschen auf diesem so begrenzten Zugang evakuiert werden? Chile wird regelmäßig von Erdbeben heimgesucht und hält mit mehreren Beben einige der vorderen Plätze in der Statistik der schwersten, jemals gemessenen Erdbeben; wahrlich keine erstrebenswerten Rekorde. 


Iquique verfügt nach wie vor über Chiles größten Seehafen. Von hier aus wurde der Salpeter aus den Salitreras während des Salpeterbooms (1880 bis 1920) in die Welt verschifft. Das Ganze fand dann ein Ende, nachdem der Berliner Fritz Haber den künstlichen Salpeter entdeckte.


Bis heute hatten wir auf unserer Reise noch keine wesentlichen Vorteile durch das digitale Navi bemerkt, jedoch hier in Iquique, bei dem chaotischen Verkehr, der vielen Kreisverkehre und der oftmals nicht vorhandenen Straßenschilder sind wir froh, dass wir ohne Probleme durch das Stadtzentrum zu unserem Hotel im südlichen Stadtgebiet geführt werden. 


Wir haben uns für das NH Hotel entschieden und ein Zimmer mit Meerblick gebucht. Schon beim Betreten des Zimmers fühlen wir uns wohl, weil unser Blick durch das sehr große Fenster direkt auf das Meer und die umherfliegenden Seevögel fällt. 



„Wer die Abenteuerlichkeit des Reisens ins Blut bekommt, wird diese nicht wieder los.“   - Bruno H. Bürgel

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